Gute Vorsätze durchhalten
Der Jahresbeginn bietet sich an, um gute Vorsätze zu fassen. Das tun sehr viele Menschen, das kennt man von Unternehmen und natürlich von der Politik, die ihre höchsten Repräsentanten dazu anhält, ihrem Souverän, dem Volk, darzulegen, wie die nächste Zukunft gestaltet wird, damit alles besser wird, was im vergangenen Jahr nicht so richtig geklappt hat; oder uns Wähler darauf vorbereitet, wenn Unangenehmes droht, das nicht mehr kleinzureden ist.
Allerdings: Rund 80 Prozent der Vorsätze, so Untersuchungen bedeutender Universitäten, sind schon wenige Tage, nachdem sie gefasst wurden, wieder passé – vergessen, verdrängt, aufs nächste Jahr verschoben. Natürlich gibt es Mittel und Wege, die Dauer der Vorhaben zu verlängern, bzw. tatsächlich zum Erfolg zu führen, etwa bindende Vereinbarungen mit sich selbst (was keine gute Idee ist) oder mit Partnern, oder so, dass sie in kleinen Schritten abgearbeitet und umgesetzt werden können.
Letzteres gilt für den ganz großen Vorsatz, den die Vorarlberger Industriellenvereinigung anlässlich ihres Neujahrsempfangs ausgesprochen hat. Der große Vorsatz trägt den Titel „Vom Mittelmaß zur Exzellenz“ und ist tatsächlich so unterteilt, dass die Umsetzung gelingen könnte. Die Industriellen haben auch einen neuen Ansatz gewählt, um ihren Standort zu verbessern. Sie tun, was sie als Unternehmer gewohnt sind: Sie schimpfen nicht auf Wien und Brüssel, sondern haben darauf geachtet, dass die 35 definierten Maßnahmen im Land, in Vorarlberg, umgesetzt werden können.
Sie haben damit aber auch aufgezeigt, dass die schwindende Attraktivität des Wirtschaftsstandorts ihre Ursachen nicht nur in Wien hat, sondern dass es auch im Land an der Zeit ist, sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich als Teilnehmer im globalen Wettbewerb wappnet. Sicher, im Österreichvergleich gehört Vorarlberg zu den Besten. Aber, und dieses Argument gilt für alle Unternehmen, man will ja nicht der Beste unter Schwächeren sein, sondern sich an jenen messen, die jetzt schon besser sind: nicht in Österreich, sondern international.
Der Ansatz ist absolut richtig. Vorarlberg braucht neue Impulse, braucht Voraussetzungen für die Zukunft des Standorts. Das derzeitige Leitbild stammt aus dem Jahr 2010 und wurde vor zwei Jahren einem Update unterzogen. Ob das genügt, um Exzellenz zu schaffen, darf zumindest diskutiert werden. Zu wünschen ist, dass es den 35 Vorschlägen nicht wie 80 Prozent der Neujahrsvorsätze geht. Denn das hieße auch, dass Vorarlberg die Chance verspielt, die Zukunft selbst zu gestalten.
Zu hoffen ist, dass es der Strategie nicht wie 80 Prozent der Neujahrsvorsätze geht.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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