“Bei Baunutzungszahlen muss etwas passieren”

Götzis. Johannes Wilhelm führt das Traditionsbauunternehmen Wilhelm+Mayer mit 250 Mitarbeitern in dritter Generation. Im Interview spricht er über die Auftragslage, bürokratische Hemmnisse und die schwierige Suche nach Fachkräften.
Sie führen eines der größten Bauunternehmen Vorarlbergs mit einer beachtlichen Angebotstiefe. Wie heben Sie sich vom Mitbewerb ab?
wilhelm: Bis auf den bergmännischen Tunnelbau machen wir eigentlich alles. Neben Wohnbau, Hoch- und Tiefbau sind wir an einem Asphaltwerk beteiligt, betreiben ein Betonfertigteilwerk, ein Kieswerk sowie einen Baustoffhandel. Es sind mehrere Standbeine, und darin sehen wir den Vorteil. So können wir mit dem Personal besser jonglieren.
Wie optimistisch sind Sie ins heurige Jahr gestartet?
Wilhelm: Von der Auftragslage her ist das Jahr gut losgegangen, dank der Investitionen größerer Industrie- und Gewerbebetriebe. Die öffentliche Hand ist da zurückhaltender. Es gibt schon Projekte in der Schublade, aber momentan ist nicht viel ausgeschrieben.
Die Bauwirtschaft kämpft mit Herausforderungen. Die verfügbaren Grundstücke werden weniger und kosten immer mehr. Wie gehen Sie damit um?
Wilhelm: Die Situation hat uns jetzt langsam eingeholt. Letztes Jahr war es noch gut, da sind uns einige Grundstücke angeboten worden. Wahrscheinlich wegen des Vorzieheffekts aufgrund der Steuerreform. Jetzt ist eine Bremse drin. Am stärksten angezogen haben die Grundstückspreise. Was momentan an Quadratmeterpreisen bezahlt wird, ist schon extrem. Deshalb müssten Land und Kommunen schon darüber nachdenken, eine verdichtetere Bauweise zu forcieren. Da sind wir im ganzen Land extrem eingeschränkt. Bei den Baunutzungszahlen muss endlich etwas passieren. Es gibt Gemeinden, die wollen absolut keinen Wohnbau, nur Einfamilienhäuser, andere Gemeinden wiederum intensivieren das. Denn viele haben einen gewaltigen Zuzug, aber zu wenig vorhandene Ressourcen.
Geringe Baunutzungszahlen und die Bürokratie verteuern das Bauen. Leistbares Bauen wird dadurch immer mehr erschwert.
Wilhelm: Als die OIB-Richtlinien in Kraft getreten sind, gab es schon einen Preisanstieg durch die ganzen Sicherheitsaspekte. Zudem wurde die Brandschutzverordnung bei größeren Bauten verschärft. Das alles führt dazu, dass die Herstellkosten gestiegen sind. Noch gibt es die Vorarlberger Bautechnikverordnung nicht. Klar ist aber, dass man hier dringend etwas machen muss. Durch den Anstieg des Bodenpreises plus die höheren Baukosten hat es eine Höhe erreicht, wo man sich fragen muss, wer kann sich das überhaupt noch leisten, und wo ist das leistbare Wohnen.
In welchem Geschäftsfeld sehen Sie das größte Potenzial?
Wilhelm: Ich hoffe, in allen Bereichen. Der Hochbau hat ein gewaltiges Potenzial. Zum Glück haben wir große, gesunde Betriebe im Land, die sich zum Standort bekennen und laufend investieren. Sonst haben Sanierungen sicherlich das größte Potenzial. Im Kanalbau ist Vorarlberg größtenteils erschlossen, aber es sind Sanierungen und Erneuerungen notwendig. Auch im Straßenbau wird es weniger Neubau, dafür aber Sanierungen und Instandsetzungen geben. Im Brückenbau wird man alte Brücken abbauen und erneuern müssen. Altbausanierung wird wegen der Grundstücksproblematik ebenfalls ein großes Thema. Der Grundgedanke des Mehrgenerationenhauses wird wieder aufleben. Also dass das Elternhaus ausgebaut wird für die nächste Generation.
Welche Bauten reizen Sie als Techniker besonders?
Wilhelm: Es ist jedes Projekt eine Herausforderung. Technisch gesehen sind es sicher der Brücken- oder Kraftwerksbau sowie große Industriebauten. Auch der Altbau hat seinen Reiz genauso wie der Asphaltbau. Angefangen von der Logistik bis hin zur Abwicklung auf der Baustelle.
Sie sind sehr engagiert in der Lehrlingsausbildung. Wie schwer gestaltet sich generell die Mitarbeitersuche?
Wilhelm: Zurzeit haben wir 27 Lehrlinge, und wir sind eigentlich immer auf der Suche nach Mitarbeitern. Vernünftige Facharbeiter zu finden, ist ein riesiges Problem. Ganz extrem ist es im Asphaltbau. Hier einen Polier zu finden, ist fast unmöglich. In der Lehrlingsausbildung sind wir sehr engagiert. Momentan haben wir eine sehr geringe Fluktuation, vor ein paar Jahren war das noch extremer. Da mussten wir reagieren und haben deshalb ein vierköpfiges Lehrlingsteam gebildet und einen Beauftragten, der zu 100 Prozent nur für die Lehrlinge zuständig ist.
Wilhelm+Mayer ist seit Generationen ein Familienbetrieb. War für Sie immer klar, dass Sie die Firma übernehmen?
Wilhelm: Für mich war das schon als Kind klar. Ohne Zwang, sondern aus reinem Interesse. Ich war viel mit auf Baustellen, denn mich hat es immer gereizt.
Wir schauen, dass wir pro Jahr eine reine Lehrlingsbaustelle haben. Das ist für sie eine tolle Motivation.

Kennzahlen
» Gegründet: 1937
» Umsatz 2014:
36 Millionen Euro (+2,8 %)
» Mitarbeiter: 256
» Lehrlinge: 27
» Geschäftsfelder: Asphaltbau, Baustoffhandel, Betonfertigteile, Generalunternehmen, Hochbau, konstruktiver Tiefbau, Ressourcen, Tiefbau
Zur Person
Johannes Wilhelm
Geschäftsführender Gesellschafter Wilhelm+Mayer Bau, Götzis sowie Rümmele Baugesellschaft m.b.H., Dornbirn
Geboren: 26.08.1968
Ausbildung: Pflichtschule, HTL Rankweil, Studium Bauingenieurwesen, Baumeisterprüfung
Laufbahn: Einstieg ins Familienunternehmen Wilhelm+Mayer, Geschäftsführer in der dritten Generation
Familie: verheiratet, drei Kinder