“Wir haben kaum mehr nach außen gewirkt”

Markt / 11.03.2016 • 20:44 Uhr
Das leichteste Merino gibt es bei Wolford. Axel Dreher präsentiert die Produkt-Innovationen.
Das leichteste Merino gibt es bei Wolford. Axel Dreher präsentiert die Produkt-Innovationen.

Bregenz. Axel Dreher ist seit drei Jahren Vorstand bei Wolford. Im Interview spricht er über die starke Marke und wieso der Strumpfkonzern nach der Restrukturierung besser dasteht als zuvor.

Im Geschäftsjahr 2014/15 gelang Wolford nach einer Durststrecke die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Das soll sich heuer wiederholen. Wie realistisch sehen Sie das Ziel nach den ersten neun Monaten?

Dreher: Die gute Nachricht ist, dass wir wachsen. Und das, obwohl die äußeren Umstände nicht optimal sind. Wir spüren, dass sich unsere Pariser Shops noch nicht gefangen haben, und Russland ist noch massiv unter dem, was wir gewohnt sind. Aus diesem Grund sind wir verhalten optimistisch. Wir haben die letzten eineinhalb Jahre die Kollektion massiv umgestellt und uns intensiv wieder mit der Marke beschäftigt. Die Sommerkollektion 2016 verkauft sich extrem gut. Wir glauben, dass wir auf der richtigen Spur sind. Das ist auch das, was uns nachhaltig erfolgreich machen wird.

Der Kern der Restrukturierung ist abgeschlossen. Wieso steht Wolford nun besser da als noch vor drei Jahren?

Dreher: Die Unternehmensstrategie war stark orientiert auf Retail und Oberbekleidung. In den vergangenen Jahren sind einige Shops eröffnet worden, die nicht gut performen, vor allem in den USA. Wir haben gemerkt, dass wir in Straßenlagen bzw. an der richtigen Ecke besser sind als in Shoppingmalls. Von diesen Shops haben wir viele geschlossen. Und wir haben das Produktsortiment bereinigt. Wir sind ganz stark auf unsere Kernbereiche Strumpf, Bodywear und passende Oberbekleidung gegangen. Wir setzen auf innovative Produkte, haben das feinste Merino und die feinsten Garne. Wir versuchen, die Haut zu imitieren. Jetzt in Arbeit ist die Außenwirkung. Wir haben die Bildsprache geändert sowie den Shopauftritt, sodass man sich wohlfühlt. Früher waren alle Produkte in Schachteln und Schubladen, da gab es viele Hürden.

Hatten Sie das Gefühl, die Marke entstauben zu müssen?

Dreher: Ich war immer von Wolford fasziniert, weil es eine tolle Marke ist und ein fantastisches Unternehmen, weil wir vom Shop bis zum Garn alles selbst machen. Wir haben kein Problem mit Sozialstandards. Wolford hat also eine enorme Glaubwürdigkeit. Ich war aber überrascht, dass wir dieses Potenzial nicht voll hebeln. Von der Markenwahrnehmung waren wir etwas verstaubt. Man hat uns von außen nicht mehr wahrgenommen, wir haben kaum mehr gewirkt. Zudem hat sich der Markt verändert, wir hatten zum Beispiel keine Digitalisierungsstrategie.

Wie schaut diese nun aus?

Dreher: Wir haben eine multimediale Strategie, wo wir über Facebook, Twitter und über Blogger viel stärker nach außen kommunizieren. Das kommt an. Unsere Stammkundenzahl hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren auf 400.000 verdoppelt. Und die Shops sind Werbeflächen, die man sieben Tage die Woche 24 Stunden am Tag hat.

Welche Rolle spielt künftig die Zentrale in Bregenz?

Dreher: Bregenz ist Headquarter, Entwicklungszentrum und Standort für die textile Fertigung. Bregenz ist das Herzstück. Es ist wichtig, Design, Entwicklung und Produktion ganz eng zu verzahnen, und da können wir noch besser werden. Und Bregenz kann als europäische Plattform operativ noch eine deutlich stärkere Rolle spielen. Wo wir auch hart daran arbeiten, ist die Wiederbelebung der Marke. Bei der letzten Fashionshow haben wir alle Mitarbeiter eingeladen, von der Reinigungskraft bis zum Techniker. Da haben wir wieder richtigen Stolz gespürt. Nur wenn innen das Feuer brennt, kann man es nach außen tragen.

Wie nehmen Sie die Stimmung bei den Aktionären wahr?

Dreher: Sie unterstützen uns stark. Die Strategie haben wir im engen Dialog mit dem Aufsichtsrat entwickelt. Was wir alle teilen, ist, dass wir das Potenzial von Wolford sehen. Wir sind börsennotiert, aber dennoch ein Familienunternehmen. 75 Prozent der Aktien werden von zwei Familien gehalten. Somit haben wir eine stabile Struktur, das ist sehr wertvoll.

Sie sind für Finanzen und Beschaffung genauso verantwortlich wie für das Kreative. Wie bringen Sie das in Einklang?

Dreher: Das ist ein interessanter Spagat. Vor zwei Jahren haben wir festgestellt, dass wir deutlich mehr Kreativität in unserem Unternehmen brauchen. Mit Grit Seymour haben wir eine Kreativdirektorin, die das sicherstellt. Das bin also nicht ich, ich kümmere mich aber stark drum. Wir haben irrsinnig viele tolle, kompetente Menschen bei uns im Haus. Mich persönlich fasziniert es, gemeinsam von der Idee zum Resultat zu kommen, eine Idee zum Leben zu erwecken, die dann im Shop performt. Wenn es am Ende noch was bringt, bin ich glücklich. Ashish Sensarma und ich arbeiten da sehr verzahnt zusammen, reibungslos und gleichgerichtet. Das ist im heutigen volatilen Umfeld wichtig.

Wir investieren viel – in Shopkonzepte oder in IT. Das dient alles dazu, Wachstum zu erzeugen.

Axel Dreher managt seit drei Jahren die Geschicke bei Wolford. Er ist fasziniert von der Marke und den Mitarbeitern im Haus. „Nur wenn innen das Feuer brennt, kann man es nach außen tragen.“ Fotos: VN/Paulitsch
Axel Dreher managt seit drei Jahren die Geschicke bei Wolford. Er ist fasziniert von der Marke und den Mitarbeitern im Haus. „Nur wenn innen das Feuer brennt, kann man es nach außen tragen.“ Fotos: VN/Paulitsch
Axel Dreher managt seit drei Jahren die Geschicke bei Wolford. Er ist fasziniert von der Marke und den Mitarbeitern im Haus. „Nur wenn innen das Feuer brennt, kann man es nach außen tragen.“ Fotos: VN/Paulitsch
Axel Dreher managt seit drei Jahren die Geschicke bei Wolford. Er ist fasziniert von der Marke und den Mitarbeitern im Haus. „Nur wenn innen das Feuer brennt, kann man es nach außen tragen.“ Fotos: VN/Paulitsch

Kennzahlen

Geschäftsjahr 2014/15

» Umsatz: 157,35 Mill. Euro (+0,9%)
» EBIT: 2,17 Mill. Euro (>100)
» Ergebnis nach Steuern: 1,03 Mill. Euro (>100)
» Mitarbeiter: 1574 (+1%)

Halbjahr 2015/16

» Umsatz: 79,24 Mill. Euro (+9%)
» EBIT: -0,28 Mill. Euro (Vj: 3,17 Mill.)
» Ergebnis nach Steuern: -0,90 Mill. Euro (1,38 Mill.)

» Mitarbeiter: 1578

Zur Person

Axel Dreher

COO/CFO der Wolford AG

Geboren: 05.01.1965

Ausbildung: Bank-Lehre, Studium der Betriebswirtschaft,  MBA

Laufbahn: Tätigkeit bei ITT Automotive Europe, BorgWarner sowie der deutschen Schaeffler Gruppe (FAG Kugelfischer AG); 2005 bis 2013 Vorstand der Triumph International AG; seit März 2013 Vorstand bei Wolford für Produktion & Technik, Creative Direction, Produktentwicklung, Supply Chain, Finanzen, Interne Revision, Investor Relations, Recht und Personal

Familie: zwei Söhne