Wohnungen und Kultur im ORF-Funkhaus Wien

Markt / 14.06.2016 • 18:36 Uhr
Das ORF-Funkhaus in Wien ist ein wichtiger Teil der österreichischen Geschichte. Rhomberg Bau wird es neu nutzen. Foto: APA
Das ORF-Funkhaus in Wien ist ein wichtiger Teil der österreichischen Geschichte. Rhomberg Bau wird es neu nutzen. Foto: APA

Rhomberg Bau bekommt Zuschlag für den Kauf einer österreichischen Institution.

Wien, Bregenz. (APA/sca) Das ORF-Funkhaus in der Wiener Argentinierstraße spielt in der Geschichte der Zweiten Republik eine wichtige Rolle. Das geschichtsträchtige Haus war Schauplatz legendärer Politikerreden, im großen Sendesaal erzählte Legende Heinz Conrads „was es Neues gibt“, und die Sendung „Autofahrer unterwegs“ hatte dort jahrzehntelang ihre Heimat. Im großen Sendesaal spielten vom Radio-Symphonieorchester bis zum Indie-Rocker Nick Cave Musiker von Weltgeltung. Kein Wunder, dass der Verkauf des Hauses in Wien seit Bekanntwerden der Absicht für Widerstand unter den ORF-Mitarbeitern und prominenten Kulturvertretern wie Schauspieler Karl Markovics gesorgt hat. Das Prominentenkomitee legte sogar ein eigenes Angebot vor.

Radiostandort bleibt

Vom Verkauf ließen sich die ORF-Granden nicht abbringen, allerdings haben sie Zugeständnisse gemacht. Der Kultursender Ö1 und der alternative Jugendsender FM 4 übersiedeln ins ORF-Zentrum am Küniglberg wie im Zuge der Zusammenführung der Wiener ORF-Standorte geplant, doch das ORF-Landesstudio Wien und das künftige Stadtstudio bleiben im Funkhaus. Zugleich werde das Funkhaus weiter als „Kulturstandort“ genutzt, heißt es seitens des Österreichischen Rundfunks.

Das Angebot der prominenten Funkhaus-Retter allerdings kam nicht zum Zug. „In den vergangenen Tagen haben wir den Verkauf des Funkhauses in der Argentinierstraße zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Das renommierte Vorarlberger Bauunternehmen Rhomberg hat das klar beste Angebot gelegt und somit von uns – selbstverständlich vorbehaltlich der Zustimmung des Stiftungsrats – den Zuschlag erhalten“, so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und ORF-Finanzdirektor Richard Grasl in einem Schreiben an den ORF-Stiftungsrat, der nun dem Deal noch zustimmen muss.

Bevor das O.k. der Stiftungsräte nicht gekommen ist und auch der Beirat des Bregenzer Bauunternehmens noch nicht zugestimmt hat, will Rhomberg Bau-Chef Hubert Rhomberg noch nicht allzu viel über das Projekt sprechen. Nur so viel: Er sei überzeugt, dass das vorgelegte Konzept deshalb überzeugt habe, weil die weitere kulturelle Verwendung des Hauses Teil der Nutzung bleibe. Ansonsten sollen in der City-Lage Lofts und Wohnungen im Premiumbereich entstehen.

„Ökonomisch vorteilhaft“

Auch das pekunäre Angebot dürfte die Zustimmung der ORF-Manager gefunden haben. Aus Wiener Immobilienkreisen ist zu erfahren, dass die Summe beträchtlich über dem geplanten Verkaufserlös von 20 Millionen Euro liegt. Der sogenannte „Kulturtrakt“ und der Peichl-Trakt verbleiben im Eigentum des ORF, dort sind Radio-Sendesaal, Büroräumlichkeiten und Studios situiert. „Dies ist nicht nur programmlich sinnvoll, sondern auch durch die Bedingungen des Verkaufs ökonomisch vorteilhaft“, argumentiert Wrabetz gegenüber dem Stiftungsrat.

Funkhaus-Käufer Hubert Rhomberg hat übrigens auch eine persönliche Beziehung zum Medium Radio. Er war über mehrere Jahre Privatradio-Betreiber. Seine Bregenzer Lokalradio GmbH betrieb unter anderem Radio Arabella in Vorarlberg.

Stichwort

Funkhaus. Das ORF-Funkhaus wurde in den Jahren 1935–1939 unter Einbeziehung von älterer Bausub­stanz nach den Plänen von Clemens Holzmeister und unter Mitarbeit von Heinrich Schmid und Hermann Aichinger im Auftrag des ORF-Vorgängers RAVAG errichtet und in den letzten Kriegstagen schwer beschädigt. 1979–1983 kam ein Erweiterungsbau nach den Plänen von Gustav Peichl hinzu. Seit 1999 steht das Funkhaus Wien unter Denkmalschutz. Es ist Heimstätte des Radio-Symphonieorchester Wien sowie des 1997 eröffneten Radiokulturhauses.