„Ein verlässlicher Großkunde Österreichs“

Markt / 05.10.2016 • 19:26 Uhr

Dr. Ingomar Lochschmidt leitet seit September das österreichische Außenwirtschaftscenter in Tokio.

TOKIO. Japaner legen viel Wert auf Kleinigkeiten, die in europäischen Augen eher nebensächlich sind. Die europäische Geschäftskultur ist den meisten Japanern fremd.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die in Japan starten möchten?

Lochschmidt: Japan ist eine Insel, in jeder Hinsicht. Die amerikanische oder europäische Geschäftskultur stößt noch immer häufig auf Unverständnis. So ist ein langer Atem bei der Geschäftsanbahnung notwendig. Japaner nehmen ihre Kunden sehr ernst – auch wenn es erst potenzielle sind. Deshalb ist es wichtig, dass man rasch und kompetent reagiert und jede Kleinigkeit ernst nimmt. Und vor allem: Man darf Japan auf keinen Fall mit anderen asiatischen Ländern in einen Topf werfen.

Worauf legen Japaner besonders viel Wert?

Lochschmidt: Die höchsten Qualitätsanforderungen enden nicht beim Produkt, sondern bei für uns scheinbaren Nebensächlichkeiten. Eine perfekte Verpackung spielt etwa eine große Rolle. Ein österreichischer Produzent von Hartmetallwerkzeugen hatte einen zeitaufreibenden und umfangreichen Reklamationsprozess durchzumachen, weil eine von vielen Kartonschachteln an einer Ecke leicht eingedrückt war. Ein Sekterzeuger bekam eine Reklamation, weil in einer der Sektflaschen ein klitzekleiner Lufteinschluss – unter dem Etikett – im Glas zu sehen war.

Was schätzt man im Land der aufgehenden Sonne an der Zusammenarbeit mit österreichischen respektive Vorarlberger Unternehmen?

Lochschmidt: Die Nischenchampions sind Japanern bekannt. Die Nähe und enge Beziehung (etwa als Technologielieferant und Zulieferer) zur deutschen Industrie und Schweizer Konzernen gilt zudem als Qualitätsnachweis.

Wie präsent sind Vorarlbergs/Österreichs Unternehmen in den japanischen Märkten?

Lochschmidt: In den einschlägigen Industriezirkeln ist Österreich sehr gut bekannt; im Bereich der Endkonsumenten weit weniger. Der Großteil österreichischer Exporte nach Japan findet im B2B-Bereich statt – unsere Technologie findet sich in den modernsten Fabriken der Welt, nicht unbedingt in den Supermarktregalen und Autohäusern. Und die Verantwortlichen in den Fabriken, also die japanischen Industrievertreter, sind bestens über erfolgreiche österreichische bzw. Vorarlberger Technologien und die dahinter stehenden Betriebe informiert. Dazu trägt auch unser kleines, aber hochspezialisiertes Team bei.

Wie beurteilen Sie die Außenhandelsbeziehungen zwischen Österreich und Japan?

Lochschmidt: Japan ist ein verlässlicher Großkunde Österreichs. Wir erwarten keine großen Überraschungen in Japan – weder eine spektakuläre Exportsteigerung noch einen akzentuierten Einbruch. Dinge wie weitere Exportsteigerungen laufen in Japan ruhig und stetig ab.

Wo sehen Sie zukünftiges Marktpotenzial?

Lochschmidt: Österreichische Lebensmittel im sehr hochqualitativen Bereich. Lebensmittelsicherheit und natürliche Erzeugung (nicht notwendigerweise Bio) sind gefragt. Oder auch Musikinstrumente, Audiolösungen. Österreich profitiert hier vom erstklassigen Ruf als Wiege der Welt der klassischen Musik. Da Japan eine starke Alterung hat, besteht im Bereich der medizinischen Geräte ein erheblicher Bedarf.