Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Ach, Österreich!

Markt / 21.10.2016 • 22:19 Uhr

„Österreich ist ein schönes Land, es ist ein gutes Land, wohl wert, dass die Politik sich seiner unterwinde“, heißt es mit kleiner Abwandlung im Loblied von Schriftsteller Franz Grillparzer auf Österreich. Noch geht es uns gut. Aber dies könnte sich bald ändern, weil wir kaum etwas machen, besser gesagt vor allem vieles zur Sicherung der Zukunft unterlassen. Ewig werden wir von den Ernten der Aussaat der Vergangenheit nicht zehren können.

Zukunftsvergessen weichen wir den Problemen und neuen Herausforderungen aus. Stattdessen wird verzögert, verschoben, nicht umgesetzt, blockiert und verhindert. Die nunmehrige Einigung zur Bildungsreform ist eine erfreuliche Ausnahme.

Also geht es ja doch! Ein solcher Schritt wäre auch dringend notwendig für das zweite verpflichtende Vorschuljahr und vor allem auch hinsichtlich der Universitäten und der Forschung, die beide chronisch unterdotiert sind. Für andere Bereiche sprudeln die Milliarden nur so, ohne sich um Effizienz und Wirkungsgrad zu kümmern. Um nochmals an Franz Grillparzer zu erinnern: „Es ist der Fluch von unserm edlen Haus, auf halben Wegen zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben.“

Dafür ist aber nicht immer nur die Politik allein verantwortlich, sondern wir alle tragen mit unserem Anspruchsdenken, unserer Wehleidigkeit, unserer Einigelungs- und Abschottungshaltung erheblich bei. Die verkrustete Politik spiegelt dies dann auch wider. Zugleich legt sie damit den Nährboden für Unsicherheit, der wiederum Ursache für angstschürenden Populismus ist, der dann erst recht wieder das Geschehen lähmt.

Der österreichische Nationalfeiertag wäre ein Anlass, dies zu ändern und einen Modernisierungsruck für unser Land einzuleiten. Dafür gilt immer noch: It’s the economy, stupid! Weil nur verteilt werden kann, was vorher erwirtschaftet worden ist. Aber es muss auch die Kuh, die man melken will, gut gefüttert werden.

Wir müssen uns vor allem auch fragen, warum die Schweiz, Deutschland, die Niederlande oder Norwegen mit deutlich geringerer Steuerbelastung, wesentlich niedrigeren Staatsschulden um so viel besser dastehen als wir und uns vorzeigen, dass höheres Wachstum, geringere Arbeitslosigkeit, niedrigere Preissteigerungen, weniger Staatsschulden und mehr Geld für die Zukunft bei schlankerer Verwaltung möglich sind. Das müssten doch auch wir können. „Yes we can!“ wird aber nicht genügen. Vielmehr ist notwendig „Yes we do!“. Also weg mit den Brettern vor den Köpfen, die Hemdsärmel aufkrempeln und zupacken.

Statt sich den Problemen zu stellen, wird verzögert, verschoben, nicht umgesetzt, blockiert und verhindert.

markt@vorarlbergernachrichten.at
Dr. Hannes Androsch ist Finanzminister i. R. und Unternehmer.