Mit digitalem Chauffeur unterwegs
BMW-Manager Thomas Giuliani berichtet beim Wirtschaftsforum über die Zukunft des Autos.
SCHWARZACH. Wenn über die Zukunft des Autos diskutiert wird, geht es schon lange nicht mehr nur um die Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer. Beschleunigung und Leistung, Sicherheit und Komfort werden in neuem Licht gesehen. Im Vordergrund stehen Zukunftsszenarien für die individuelle Mobilität, man spricht über Elektroautos, über selbst fahrende Modelle und wie das Automobil künftig mit uns und der Welt kommunizieren wird.
Die Realität sieht freilich noch anders aus: Über 98 Prozent der Autos in Deutschland und Österreich fahren ganz konventionell mit Benzin oder Diesel, die Zahl der Zulassungen für Elektroautos steigt nur langsam an. Dennoch befinden wir uns in einer Revolution des Automobils, Beispiele wie Norwegen bestätigen das: Als erstes Land der Welt will Norwegen ab dem Jahr 2025 Benzin- und Dieselautos von den Straßen verbannen, ab dem Jahr 2050 soll der gesamte Verkehr im Erdölland Norwegen ohne Erdöl funktionieren – so wie es auch im Klimavertrag von Paris geschrieben steht.
Auch die internationalen Automobilerzeuger sind gefordert und arbeiten an innovativen Antworten auf die brennenden Fragen der künftigen Mobilität, berichtet Thomas Giuliani, Director Productmanagement 5-, 6-, 7-Series BMW Group, über den Stand der Dinge. Bei BMW wurde dieser Wandel unter dem Titel „Iconic Change“ mit dem „Mobilitätskonzept BMW i“ bereits gestartet.
Radikal umdenken
Doch wie schafft es ein Unternehmen, sich über jahrelang geltende und bewährte Regeln hinwegzusetzen, das Bisherige radikal infrage zu stellen und wirklich neu zu denken? Die Beschäftigung mit Elektromotoren als künftige Alternative und Ergänzung zu Verbrennungsmotoren ist ein wesentlicher Zukunftsbereich, für die neue Plattform „iNext“ wird geforscht und entwickelt. Mit dem reinen Elektroauto i3 hat BMW bereits seine Innovationskompetenz bewiesen, genauso wie die Bereitschaft, sich mit diesem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. Denn die Konsumenten sind noch zögerlich gegenüber Elektroautos – zu geringe Reichweiten und eine noch mangelhafte Ladeinfrastruktur schrecken viele vom E-Auto wieder ab.
Große Herausforderungen
„Dieser Wandel wird nicht nur unser Fahrverhalten verändern, sondern auch Städte und Kommunen vor große Herausforderungen stellen. Vor allem Tourismusorte sind stark gefordert, ihren Gästen Ladestationen zur Verfügung zu stellen“, erklärt Thomas Giuliani. Ein anderes Hindernis dürfte die beschränkte Auswahl an Modellen mit Elektroantrieb sein, wie das große Interesse am hochpreisigen US-Luxusautomodell Tesla zeigt. „In diesem Bereich können und wollen wir mit Elektro-Motoren dabei sein“, erklärt Giuliani. „Wir planen, eine ganze Reihe von Modellen bereits bestehender Serien mit Elektroantrieb auszustatten, damit der Kunde sich für ein Modell entscheiden und die Art des Motors frei wählen kann.“ So werden der Geländewagen X4, die 3er-Reihe und auch der Mini mit einem reinen Elektromotor auf den Markt kommen. Ziel ist, dass bis zum Jahr 2025 jedes vierte Auto von BMW mit Elektromotor ausgestattet sein soll.
Ridesharing, Smart-Parken
Zu einem radikalen Umdenken gehört es, auch Alternativen zum bisherigen Verständnis von Auto aufzuzeigen. Giuliani nennt als Beispiel das BMW-Carsharing-Modell „Drive Now“, das bereits von einer halben Million Menschen genutzt wird. Autos wollen in Zukunft flexibel genutzt und nicht besessen werden – man mietet sie wann und wo man sie gerade braucht und verzichtet mit einem entsprechenden Partner dennoch nicht auf höchsten Komfort und technische Kompetenz. Auch das eigene Auto kann nach diesem Konzept mit Freunden und anderen Nutzern geteilt werden.
„Die Weiterentwicklung von Carsharing nennt sich übrigens Ridesharing. Hier muss ich nicht mehr zum Auto laufen, sondern das Fahrzeug holt mich über eine App sogar zu Hause ab“, zeichnet BMW-Mann Giuliani ein Stimmungsbild für die Zukunft. Ein anderes Modell, das bereits getestet wird, ist die „ParkNowApp“. Diese App findet und bucht einen freien Parkplatz und navigiert das Auto dorthin, ohne lange suchen zu müssen. Auch die Bezahlung und die Verlängerung der Parkzeit kann einfach übers Handy erledigt werden.
Schon seit über 30 Jahren wird beim bayerischen Autokonzern BMW die Vernetzung des Automobils vorangetrieben. So war BMW der erste Automobilhersteller, der ein satellitenbasiertes Navigationssystem im Fahrzeug angeboten hat. Dieser Innovationsvorsprung wird in Abstimmung mit den sich ständig ändernden Kundenbedürfnissen rasant weiterentwickelt, denn der Markt ist in diesen Themen in Bewegung. Neue Wettbewerbsteilnehmer wie Google oder Apple bringen zusätzliche Dynamik in diesen extrem dynamischen Automotive-Bereich, schildert Giuliani die aktuelle Situation. „Eine nahtlose Verknüpfung von verschiedenen Geräten macht das Automobil zum ‚Mobile Device‘ in der Lebenswelt des Kunden, das Auto wird Teil des alltäglichen Smart-Living und kommuniziert mit Mobile-Phone, Tablet und PC.“
Das Auto als „Mobile Device“
Giuliani ist überzeugt, dass durch die fortlaufende Weiterentwicklung von Sensortechnologien, Datenübertragungsraten und Speichermöglichkeiten zukünftig Fahrzeuge teilautonom oder autonom fahren. Das weltweit erste Modell, das diese digitalen Anwendungen bereits im Serienauto anbietet, ist der 7er BMW, der im September auf der IAA, der internationalen Automotiv-Messe, vorgestellt wurde und gerade auf den Markt gekommen ist. Ein Auto, das für den Fahrer nicht nur mitdenkt und ihn ständig informiert, sondern auch echte Aufgaben übernimmt: Es fährt von allein in Parklücken und in die Garage, vom Fahrer wird das Hinein- und Herausfahren mit dem Schlüssel ferngesteuert.
Ganz ohne Kontrolle funktioniert das autonome Auto allerdings noch nicht: Der Fahrer steht am Straßenrand, schaut auf Hindernisse und kann je nach Situation das Einparken per Knopfdruck unterbrechen. Der Vorteil: Die Kurbelarbeit am Lenkrad übernimmt das Auto, und auch enge Parkplätze, auf denen man nicht mehr die Türen öffnen kann, kommen zum Parken infrage, erklärt Thomas Giuliani. Auf die Frage, ob er schon mit einem selbst fahrenden Auto nach Bregenz reist, grinst er und antwortet: „Nein, aber ich fahre ehrlich gesagt auch noch sehr gerne selbst.“
Ich fahre – ehrlich gesagt – auch noch sehr gerne selbst.
Thomas Giuliani

Der Stuttgarter Günther Oettinger sitzt als EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft an entscheidender Stelle für die Zukunft Europas. Er forciert die Digitalisierung in der EU mit zahlreichen Initiativen und Förderprogrammen. Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident ist seit dem Jahr 2010 Mitglied der EU-Kommission.
Günther Oettinger,
EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft
Marie-Helene Ametsreiter ist durch ihre Fernsehauftritte in einer Start-up-Sendung einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Sie gilt als eine der bestvernetzten Investorinnen im Start-up-Bereich. Nach Stationen bei Telekom Austria und OMV ist sie seit 2014 Partnerin bei Speedinvest mit Büros in Wien, München und Silicon Valley.
Marie-Helene Ametsreiter, Partnerin beim Risikokapitalgeber Speedinvest

Der Steirer Siegfried Wolf ist einer der bekanntesten Manager Österreichs. Nach dem Aufbau des kanadischen Magna-Konzerns in Europa übernahm er die Aufsicht in Oleg Deripaskas „Russian Machines“, ist ebenfalls Aufsichtsratschef der Sberbank Europe. Der österreichische Manager gilt als einer der besten Kenner der russischen Wirtschaft.
Siegfried Wolf, Aufsichtsratsvorsitzender „Russian Machines“ u. a. Unternehmen
Seit seinem 15. Lebensjahr will der Leiter des Instituts für künstliche Intelligenz in Lugano, Jürgen Schmidhuber, eine sich selbst verbessernde künstliche Intelligenz (KI) bauen, die klüger ist als er selbst, um dann in Rente zu gehen. Die mächtigen neuronalen Netze seiner Forschungsgruppen revolutionierten bereits jetzt die Handschrift und Spracherkennung.
Jürgen Schmidhuber,
IDSIA Lugano

Markus Rodlauer ist stellvertretender Direktor der Abteilung Asien und Pazifik des Internationalen Währungsfonds und war Leiter des Teams, das 2012 die Artikel-IV-Konsultation für die Volksrepublik China vorbereitet hat. Der weltgewandte Österreicher, der an der Universität Innsbruck studierte, gilt weltweit als einer der profundesten Kenner der chinesischen Wirtschaft.
Markus Rodlauer, IWF,
stv. Direktor Asien und Pazifik
Die Referenten
Global. Lokal. Digital. Vorarlbergs Chancen im weltweiten Kontext
» Donnerstag, 10. 11. 2016, Festspielhaus Bregenz
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» Information: Convention Partner Vorarlberg, Bodensee-Vorarlberg Tourismus GmbH, Telefon +43 (5574)43443-23 / Fax +43 (5574)43443-4