„Die Politik will Bargeld abschaffen, nicht wir“

Markt / 29.05.2017 • 20:12 Uhr
Erste-General Andreas Treichl: „Die Grundidee der Sparkassen ist es, der Region, in der wir sind, Wohlstand zu bringen.“ Foto: VN/Paulitsch
Erste-General Andreas Treichl: „Die Grundidee der Sparkassen ist es, der Region, in der wir sind, Wohlstand zu bringen.“ Foto: VN/Paulitsch

Andreas Treichl, seit 1997 Chef der Erste Bank, über Zinsen,
Bargeld und Politik.

Schwarzach. In der Bundespolitik ist man auf Andreas Treichl nicht immer gut zu sprechen. Der Banker, dessen Vater Heinrich über Jahrzehnte die Creditanstalt führte und dessen Bruder Michael als Finanzinvestor in London ebenfalls in der Branche tätig ist, nimmt sich in durchaus großbürgerlicher Manier kein Blatt vor den Mund, wenn er mit der Wirtschaftspolitik bzw. den Regularien für Banken nicht einverstanden ist. Seine Stimme wird gehört, steht er doch seit 20 Jahren der Erste Bank vor, die in dieser Zeit massiv gewachsen ist und heute rund 16 Millionen Kunden vornehmlich in Österreich und Zentraleuropa betreut. Rund 50.000 Mitarbeiter sind in der Gruppe beschäftigt.

„Nach Vorarlberg komme ich nur alle paar Jahre, deshalb muss ich immer gut vorbereitet sein“, erklärt der Generaldirektor des Spitzeninstitutes der österreichischen Sparkassen beim Besuch in der VN-Redaktion und belegt das gleich mit einer Reihe wirtschaftlicher Eckdaten Vorarlbergs. Was er nicht wusste: Wie viele Vorarlberger Studenten der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) Unternehmer werden. „Insgesamt sind es nur drei Prozent“, so der „WU-Manager des Jahres 2007“, der das als „katastrophal“ bezeichnet. Er selbst, der immer wieder als ministerabel gehandelt wurde, sieht sich als Unternehmer. „Ich glaube, ich kann in meiner jetzigen Funktion mehr bringen. Man kann viel mehr gestalten.“

Der derzeitigen politischen Situation kann der ehemalige Finanzreferent des ÖVP-Bundesparteivorstandes dennoch einiges abgewinnen. „Jetzt wird es spannend.“ Es gebe eine große Chance, dass sich das politische System erneuere. Im Umbruch befindet sich aber freilich nicht nur die Politik, auch in seiner eigenen Branche ändert sich momentan alles: „Keiner weiß genau, in welche Richtung es geht“, so Treichl. Doch die Erste und die Sparkassen seien schon einmal ein Stück weiter als die Konkurrenz. Mit George wurde eine der erfolgreichsten digitalen Plattformen im Finanzbereich geschaffen. Doch er glaubt auch daran, dass es weiterhin Bankberater braucht. „Der künftige Erfolg wird sehr abhängig sein von der Ausbildung und Qualität der Berater“, so Treichl. Es werde noch eine ganze Weile brauchen, bis Algorithmen und künstliche Intelligenz dominieren werden. Was die Kunden allerdings wünschen, ist eine „nahtlose Beratung ohne Unterbrechung, ein völlig integriertes Produktangebot, das vom Handy-App bis zum persönlichen Gespräch reicht“, weiß der Banker.

Banker Andreas Treichl ist auch überzeugt, dass das Bargeld ein Auslaufmodell ist. „Die Transparenz wird immer größer, die Privatsphäre eingeschränkt.“ Irgendwann werde es kein Bargeld mehr geben, „aber nicht weil die Banken oder die Menschen das wollen, sondern weil die Politik das will.“ Seine Bank sei total dagegen, doch das spiele keine Rolle. Dass sich die Politik einmischt, das stößt ihm in Sachen Bankomatgebühren auf: „Wir wollen keine Gebühren einheben, aber wie kann sich die Politik anmaßen, eine privatwirtschaftliche Struktur zu regulieren. Dass das 2017 in Österreich passieren kann, ist schon sehr erstaunlich.“

Sind Opfer einer Zinspolitik, die anderen Ländern nützt.

Andreas Treichl

Zur Person

Mag. Andreas Treichl

Generaldirektor der Erste Bank, CEO der Erste Group.

Geboren: 16. Juni 1952

Ausbildung: Studium der Volkswirtschaft an der Universität Wien

Laufbahn: Verschiedene Positionen bei der Chase Manhatten Bank, bei der Crédit Lyonnais und bei der Ersten, div. Funktionen auf österreichischer und internationaler Ebene

Familie: verheiratet, drei Kinder