Gründungsgedanke formulieren
Erste-Bank-Chef Andreas Treichl gibt Unternehmern ein „Werkzeug in die Hand“.
Bludenz. (cro) „Unternehmer sein heute“: Den Titel der Veranstaltungsreihe nahm Andreas Treichl zum Anlass, um zu hinterfragen, was in Vorarlberg anders läuft als im Osten Österreichs. „Vorarlberg ist immer an der Spitze“, argumentierte er gleich zu Beginn vor den über 200 Gästen im vollbesetzen Saal der Remise Bludenz klar und zählt auf: „Vorarlberg hat das größte Wirtschaftswachstum, die geringste Arbeitslosigkeit, die höchste Innovationsquote.“ Hier zu sprechen sei in etwa so, als würde er zum Rapid-Trainer gehen, um ihm das Fußballspielen zu erklären. Der Generaldirektor der Erste Bank und CEO der Erste Group zeigt Humor, wirkt leger. „Was kann ich in Vorarlberg erzählen und welche Ratschläge kann ich geben?“, setzt er fort und mutmaßt: „Ich habe das Gefühl, dass aufgrund der Nähe der Respekt der Politik vor der Wirtschaft größer ist als anderswo.“
Treichl, der sich selbst nicht als Banker sondern als Unternehmer sieht, der eben zufällig eine Bank führt, geht mit der Bundespolitik hart ins Gericht. „Wenn die Politik den Auftrag an die Regulierung nicht ändere, sei es mit dem Wirtschaftswachstum in Europa vorbei.“ Mit einem Beispiel untermauert der 64-Jährige seine Aussage: „Stellen Sie sich vor, es wird folgende Entscheidung getroffen: Auf der Autobahn darf nie wieder ein tödlicher Unfall passieren. Zur Realisierung gibt es Regulatoren, um die Sicherheit zu erhöhen. Auch die Geschwindigkeit wird reduziert. Dann gibt es wieder einen Unfall und sie wird nochmals reduziert. Bis ein Betrunkener auf die Autobahn läuft. Das konnten die Regulatoren nicht erfüllen und setzen die Geschwindigkeit auf null und der Verkehr kommt zum Erliegen.“
Es sei die ureigenste Aufgabe von Banken, Kredite zu vergeben. „Und zwar, weil wir an die Menschen glauben und nicht an Sicherheit.“ Dabei fordert er ein, das zu tun, wofür Geldinstitute einst gegründet wurden. Nämlich, um den Menschen und Firmen Wohlstand zu bringen. „Wenn wir Kredite nicht vergeben, weil wir uns in die Hose machen vor den Regulatoren, ist das nicht das, wofür wir da sind.“ Treichl erhebt die Stimme: „Wenn wir das nicht mehr können, brauchen wir nicht mehr zu existieren.“
Lebensgefühl verkaufen
Einen Ratschlag, den er den Vorarlberger Unternehmern dennoch auf den Weg geben möchte, ist: „Einen Gründungsgedanken kann jeder formulieren. Damit hat man ein unglaubliches Werkzeug in der Hand.“ Abschließend zieht Treichl sein i-Phone aus der Hosentasche. Apple sei ein gutes Beispiel. Der Clou: Es werden nicht einfach nur Geräte verkauft, sondern ein Lebensgefühl. Apple spricht damit ganz klar die emotionale statt der kognitiven Ebene an. Und es ist kein Geheimnis, dass alles, was unsere Gefühle anspricht, letztlich die Kasse klingeln lässt.
