“Innovation muss verkaufbar sein”

Markt / 02.06.2017 • 15:24 Uhr
Heron setzt ausschließlich auf maßgeschneiderte Lösungen.
Heron setzt ausschließlich auf maßgeschneiderte Lösungen.

Dornbirn. Christian Beer leitet die Geschicke der Heron-Gruppe mit einem besonderen Spirit. Im Interview spricht er darüber, wie man Innovation lebt und Mitarbeiter dafür begeistert.

Sie haben Heron vor 29 Jahren gegründet. Was war für Sie, trotz gutem Job in einem Industriebetrieb, ausschlaggebend dafür, sich selbstständig zu machen?

Beer: Damals steckte die Automatisierung in den Kinderschuhen und es gab keinen, der aus einer Hand liefern konnte. Ich habe gesagt, man muss eine Firma gründen, wo der Kunde nur einen Ansprechpartner hat, und so haben wir mit dem Sondermaschinenbau angefangen. Und es hat mich immer gereizt, selbst Verantwortung zu übernehmen. Das ist auch das, was mich antreibt.

Heute besteht die Heron-Gruppe aus verschiedenen operativen Unternehmen. Wieso diese Diversifizierung?

Beer: Heron ist die Mutter, die Dienstleistungen wie Lohnverrechnung oder Buchhaltung abdeckt. Heron-CNC-Technik ist ein Dienstleister, der Fertigungsteile macht. Robotunits ist ein Komponentengeschäft und Servus Intralogistics baut schlüsselfertige Anlagen. Somit sind das drei völlig unterschiedliche Vorgehensweisen am Markt. Wir haben da immer die Zellteilungsstrategie im Kopf. Sobald eine Zelle eigenständig ist, machen wir sie eigenständig. So ist eine klare Kundenfokussierung und Ergebnisorientierung gewährleistet. Robotunits kann beispielsweise nicht bei CNC-Technik kaufen, wenn die zu teuer sind.

Sie bezeichnen Heron als „Ideenfabrik“. Kann man ständig innovativ sein?

Beer: Eine Gesellschaft wird ausschließlich über Innovation reicher. Dafür brenne ich. Genauso braucht es ein Team, das Innovation leben kann. Uns reizt es einfach, weil wir glauben das einzige Hemmnis, das wir haben, ist unser Denken. Wir arbeiten am Idealzustand und schauen bei unseren Kunden ganz genau hin. Einer unserer Vorteile ist, dass wir weder länder- noch branchenabhängig sind. Wir sind bei Illy in Italien genauso wie bei Google in Amerika. Dadurch haben wir wahnsinnig viel Input aus allen Branchen. So erkennen wir Trends und Anforderungen und das hilft uns.

Innovation ist an sich schon eine Herausforderung. Mitarbeitermotivation eine weitere. Wie schaffen Sie es, die Mitarbeiter mitzuziehen?

Beer: Wir tun seit 20 Jahren im Persönlichkeitsbereich sehr viel. Sich selber kennenzulernen, wissen, wie man tickt, ist sicher eine Grundvoraussetzung dafür, dass man transparent zu sich selbst, zu Kunden und zu Prozessen ist. Diese 3 P: Persönlichkeit, Produkt, Prozess, haben wir uns auf die Fahnen geheftet. Denn es kann nicht sein, dass man sehr innovativ in der Produktentwicklung ist, sich selbst aber nicht anschaut. Dieses offene Denken fordert natürlich auch unsere Kunden. Aber die Chancen, die in einem Veränderungsprozess entstehen, sind unglaublich. Wir probieren aus und entscheiden dann, ob es gut oder schlecht ist. Diese Art, am Idealzustand zu arbeiten, funktioniert insgesamt aber nur, wenn man Persönlichkeiten im Team hat, die mit Transparenz umgehen können.

Also gibt es Menschen, die damit nicht klarkommen?

Beer: Manche haben massive Mühe damit und manche sagen, sie haben die ganze Zeit danach gesucht. Schwierigkeiten haben oft solche, die ein Positionsdenken haben. Das funktioniert bei uns nicht. Oder wenn zum Beispiel Egomanen dabei sind, wird sich ein Junger nie einbringen. Genauso geht es, dass man Informationen hortet und denkt, nur so sei man wertvoll. Männer sind für dieses Gehabe schon mehr gefährdet als Frauen.

In der Heron-Gruppe sind zweistellige Wachstumsraten an der Tagesordnung. Was macht Ihre Produkte so begehrt?

Beer: Innovation ist, wenn jemand seine Geldtasche öffnet, also wenn es verkaufbar ist. An dem Standort hat man nur eine Chance, wenn man innovativ ist. Unser Mitbewerb sind Chinesen, die besser ausgebildet sind, schneller sind, größere Ressourcen haben und auch noch durch den Staat gefördert werden. Da muss man sich schon auf die Hinterfüße stellen und bessere Lösungen haben. Aber genau das macht es auch so spannend. Wir machen nur maßgeschneiderte Lösungen. Genau diese Kundennähe und Kundenindividualität ist unsere Chance gegenüber den Chinesen.

Was kann man in Zukunft von Heron erwarten?

Beer: Wir wollen hier am Standort aufzeigen, was weltweit geht. Wenn jemand eine moderne Fabrik anschauen will, sollte er zu uns kommen wollen. Das ist unser Ziel.

Wie sehen Sie die politischen Rahmenbedingungen für Unternehmen?

Beer: Wenn wir das mit den Grundstücken nicht regeln, wird es kritisch. Wenn Grundstücke zur reinen Spekulation gehortet werden, muss man eingreifen. Ich verstehe es nicht ganz, dass man das nicht tut. Die Betriebe brauchen Flächen. Diese muss man ihnen zur Verfügung stellen, sonst gehen sie. Genauso sollte es einem Familienvater möglich sein, ein Grundstück zu kaufen. Ein Angriff auf unser Exportland ist auch, dass man die steuerlichen Vorteile für Mitarbeiter abgeschafft hat, die im Ausland arbeiten. Dabei ist es schon schwierig genug, überhaupt Mitarbeiter zu finden, die monatelang nach Chile gehen. Ein Wahnsinn ist auch, dass man für ein Firmenauto doppelt, also Nova und Mehrwertsteuer, zahlen muss. Aber solche Dinge verdränge ich oft, weil sonst habe ich keine Energie, um Dinge zu machen, die ich selbst beeinflussen kann.

Würde es Sie nicht reizen, wieder in einer politischen Funktion Einfluss zu nehmen?

Beer: Gereizt hätte es mich schon. Es fehlt sicher an unternehmerischem Know-how in der Politik. Aber neben dem Unternehmen habe ich ja auch noch die Rätschkachl. Mehr geht nicht.

An einem Standort wie Vorarlberg hat man nur eine Chance, wenn man entsprechend innovativ ist.

Christian Beer war früher Vorsitzender der Jungen Wirtschaft. Auch heute würde es ihn reizen, wieder in einer Funktion Einfluss auf die Wirtschaftspolitik zu nehmen. Nur die Zeit dafür fehlt. Fotos: VN/Paulitsch
Christian Beer war früher Vorsitzender der Jungen Wirtschaft. Auch heute würde es ihn reizen, wieder in einer Funktion Einfluss auf die Wirtschaftspolitik zu nehmen. Nur die Zeit dafür fehlt. Fotos: VN/Paulitsch

Kennzahlen

Loacker Recycling

» Gegründet: 1988

» Gesellschafter: Loacker Privatstiftung, Familie Loacker

» Tochtergesellschaften und Beteiligungen: 29 Firmen in acht Ländern, 44 Betriebsstätten, in Vorarlberg Loacker mit mehreren Betriebsstätten, Häusle (100%), Branner (50%)

» Mitarbeiter: 914, davon 262 in Vorarlberg

» Umsatz 2016: 520 Mill. Euro

Zur Person

Karl Loacker

Geschäftsführer und Miteigentümer

Geboren: 22. Oktober 1957

Ausbildung: Pflichtschule in Götzis, HTL Maschinenbau Bregenz

Laufbahn: ab 1980 Fa. Grass Produktentwicklung und Maschinenbau, 1988 Gründung von Heron Sondermaschinenbau

Familie: verheiratet mit Bettina, drei Kinder