Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Talentepool ausschöpfen

Markt / 23.06.2017 • 22:19 Uhr

Der heutige Mensch blickt auf eine Entwicklung von 300.000 Jahren zurück. Auf dieser Zeitstrecke gab es immer wieder einschneidende Entwicklungsschübe vom Faustkeil zum Internet, von der Zähmung des Feuers und der Erfindung des Rades ins Industriezeitalter, mit dem das Agrarzeitalter abgelöst wurde. Mit der industriellen Revolution wurden die Dampfmaschine, der Elektromotor und der Verbrennungsmotor erfunden, mit der Folge, dass Ochsenkarren und Pferdekutschen von der Eisenbahn, dem Auto und dem Flugzeug abgelöst wurden. Die Produktion von Gütern wurde zunehmend automatisiert. Auch die Kommunikationsformen änderten sich von der Sprache über die Schrift bis zum Buchdruck. Es folgten Zeitungen, Radio, Fernseher, bis zum Internet aller Dinge, getragen von Big Data, Algorithmen, künstlicher Intelligenz, machine learning, den Social Medias mit Smartphone, Facebook, Twitter oder Google.

Nunmehr befinden wir uns mit dem Übergang ins digitale Zeitalter vor einem neuerlichen Zeitenwechsel. Der daraus resultierende Umbruch wird einschneidende Veränderungen aller Lebensbereiche mit sich bringen. Ein Prozess, der von Ungewissheit, Unsicherheiten und Besorgnis begleitet wird, denn mit der Digitalisierung sind große Möglichkeiten und Chancen verbunden, gleichzeitig aber auch riesige Herausforderungen und große Verantwortung.

Die nachkommenden Generationen müssen diese bewältigen. Dafür müssen sie bestmöglich gerüstet werden. Es gilt daher, den wertvollsten Rohstoff, das sind die Talente unserer Jugend, voll auszuschöpfen und dabei mit Chancengleichheit jedes Einzelnen die selbstbestimmte Gestaltung eines erfüllenden Lebenswegs zu ermöglichen. Darauf muss unser Bildungssystem zukunftsorientiert ausgerichtet werden. Das beginnt mit der vorschulischen elementarpädagogischen Ganztagsbetreuung. Es erfordert autonome ganztägige Pflicht- und höhere Schulen mit entsprechender Infrastruktur und Personalausstattung. Die Universitäten müssen hinreichende Ressourcenausstattung, verbunden mit zeitgemäßem Zugangs- und Studienmanagement erhalten. Wissenschaft, Forschung und Innovation brauchen genügend Unterstützung, um den jungen Talenten entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten.

Es ist zukunftsvergessen und unverantwortlich, all diese Bereiche seit Jahren zu vernachlässigen. Umso wichtiger und dringender ist es geworden, diesen Zustand grundlegend zu ändern. Bislang ist das allerdings von engstirnigen Blockierern zum Schaden unserer Jugend und damit der Zukunft unseres Landes verhindert worden. Hier muss Änderung erzwungen werden. Die bevorstehende Nationalratswahl bietet Gelegenheit dazu. Die wahlwerbenden Gruppen sind daher aufgefordert, konkret ihre Vorstellungen und Umsetzungsschritte dem Souverän, das sind die Wähler, als Entscheidungsorientierung zu präsentieren!

Es ist zukunftsvergessen und unverantwortlich, die Bildung seit Jahren zu vernachlässigen.

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Dr. Hannes Androsch ist Finanzminister i. R. und Unternehmer.