“Wettbewerb ist zentraler Schlüssel”

Wie Auslandsvorarlberger ihre Heimat sehen und was sie der Regierung für die Zukunft raten.
Hard. (VN-sca) „Dass wir keine Universität im Land haben, sehe ich persönlich eher als Vor- denn als Nachteil“, stellt Bertram Batlogg, ordentlicher Professor für Festkörperphysik an der ETH Zürich, fest. „Alle müssen hinausgehen und sich öffnen“, begründet er seine Sicht auf die akademische Bildung im Land. Bildung war am Dienstag eines der beherrschenden Themen beim Treffen erfolgreicher Auslandsvorarlberger aus Wissenschaft und Wirtschaft, zu dem die Landesregierung nach Hard eingeladen hat.
Blick über Tellerrand
Das Treffen unter dem Titel „Network Vorarlberg“ findet alle zwei Jahre statt, die Teilnehmer reisen aus der ganzen Welt an, diesmal ins Hotel am See in Hard. „Es ermöglicht uns einen Blick über den Tellerrand“, erklärt Landeshauptmann Markus Wallner die Intention des seit 1998 stattfindenden Forums, bei dem aktuelle und vor allem künftige Entwicklungen für den Standort im Mittelpunkt stehen. Heuer waren das die Themen „Innovation“ und die Zukunft der Bildung sowie die Digitalisierung, die längst nicht mehr Zukunfts-, sondern längst Gegenwartsthema ist.
Die Auslandsvoralberger kommen in ein Heimatland, das gut dasteht. Die Wirtschaft des Landes zeichnet sich trotz einer im Vergleich mit anderen Standorten geringen F&E-Quote „durch einen hohen Output aus und profitiert von der Nachbarschaft zu Süddeutschland und zur Schweiz“, erklärte Landesstatthalter Rüdisser. Um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhalten, gelte es die FH Vorarlberg, V-Research und andere Einrichtungen als Partner der heimischen Wirtschaft und deren internationale Vernetzung mit Universitäten zu unterstützen, fasst der Landesstatthalter zusammen.
Professor David Stadelmann, der an der Uni Bayreuth lehrt, hielt fest, dass Innovation nicht politisch planbar, sondern von guten politischen Rahmenbedingungen sowie Wettbewerb und Vielfalt abhänge. Er sprach sich für eine weitere Stärkung des Föderalismus und eine größere Bildungsvielfalt aus und regte an, dass es neben der Zentralmatura auch eine Landesmatura geben könnte. Die Reifeprüfung in Bayern könnte seiner Meinung nach ein Vorbild dafür sein. In einer globalen Welt, so der Professor, sei es wichtig, das Lokale in den Vordergrund zu rücken und Wettbewerb zu fördern, jenen zwischen Bildungsmöglichkeiten, aber auch jenen zwischen Bundesländern und sogar Gemeinden: „Wettbewerb ist der zentrale Schlüssel für Innovation.“
Gerhard Schwarz (Progress Foundation, Zürich) sieht in der geringen Forschungsquote auch Vorteile: „Sie zwingt zu mehr Kreativität.“ Wichtig sei aber, dass Vorarlberg nicht nur den Vergleich mit den besten Ländern in Österreich suche, sondern mit der internationalen Spitze.
Alle plädierten für ein Bildungssystem, das breiter angelegt ist. Es seien in Zukunft Softskills, die über einen Wettbewerbsvorteil entscheiden, so die Argumentation.
Vergleich mit der internationalen Spitze ist wichtig.
Gerhard Schwarz

Wenn ich von außen auf Vorarlberg blicke, denke ich, dass Vorarlberg auf dem richtigen Weg ist. Es ist wichtig, dass die Zukunft des Landes von der Landesregierung thematisiert wird, dass man sich frühzeitig Gedanken über den strukturellen Wandel macht. Wenn man den richtigen Zeitpunkt verpasst, dann wird es schwer, wieder Fuß zu fassen. In Sachen Digitalisierung müssen auch Frauen in verantwortungsvollen Funktionen eingebunden werden. Sie geben wichtigen Input bei neuen Technologien.
Carmen Zechner, Deutsche Bank, London (GB)

Die Diversität in der Vorarlberger Wirtschaft ist ein großer Vorteil, die Breite macht die Stärke des Standortes aus. Von den Unternehmen, aber auch von der Politik wurde und wird sehr gute Arbeit geleistet, um die richtigen Rahmenbedingungen zu bieten, damit Vorarlberg auch langfristig zu den Topregionen in Europa zählt. Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt und Gesellschaft verändern, da ist es wichtig, wie man richtig damit umgeht.
Wolfgang Burtscher, Generaldirektor Forschung und Innovation, Europäische Kommission, Brüssel (B)

Meine Erfahrungen und Beobachtungen zeigen, dass die großen Vorarlberger Unternehmen die Digitalisierung mit großem Engagement und sehr intensiv durchführen und deshalb in vielen Bereichen wirklich führend sind. Da gibt es auf keinen Fall ein Defizit, das gilt auch für die Innovation in der Vorarlberger Wirtschaft. Dadurch, dass die Wirtschaft im Land aber sehr heterogen ist, ist es schwierig, das in allen Branchen zu beobachten und zu beurteilen. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Andreas Pichler, Gebrüder Weiss, Lauterach (A)

Vorarlberg ist eine sehr dynamische Region, die durch die ebenfalls sehr gut positionierten Nachbarregionen in Deutschland und der Schweiz angestachelt wird, das Beste zu geben. Das Land tut außerdem alles, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und in der Bildung zu schaffen. Für mich ist es aber auch innovativ, wenn man zum Beispiel, wie gerade, ein Konzept erarbeitet, wie die Wirtschaft im Land sich entwickeln und Einklang mit anderen Interessen hergestellt werden kann.
Matthias Sutter, Universität Köln (D)