Reformfreudige Politiker riskieren Job

Franz Schellhorn zeigt Wege auf, wie der Wohlstand mit einfachen Korrekturen aufrecht zu erhalten ist.
Lustenau Seine Forschungsarbeit hat in der politischen Szene Österreichs Gewicht. Und so war es kein Wunder, dass Franz Schellhorn im Rahmen der 44. innovation)night im CC Rheintal vor einem vollen Haus ans Rednerpult trat. Neugierde unter den Besuchern, darunter Wirtschaftstreibende, Politiker oder Sozialpartner, weckte sicherlich auch der Titel des Vortrages „Wer reformiert, verliert. Tatsächlich?“. Die gute Nachricht verkündete der Direktor des Thinktank Agenda Austria gleich zu Beginn seiner Ausführungen: Heute herrscht in Österreich ein Massenwohlstand wie noch nie. Ihn abzusichern, sei Aufgabe der Regierenden. Und hier spießt es sich. Ständig wachsende Staatsschulden, auch hervorgerufen durch die Finanzierung eines 20 Milliarden Euro großen Pensionslochs sowie eine lockere Hand bei den Ausgaben, haben ihre Auswirkungen. Im Wettbewerbsranking hat Österreich kräftig an Boden verloren, „obwohl wir leicht unter den Top Zehn sein müssten“, ist Schellhorn überzeugt.
Reformen, die allerdings Mut erfordern, seien deshalb notwendig. „Sie sind nur möglich, wenn die Regierung Leadership zeigt.“ Etwa durch eine klare Reduzierung der Kosten im Bereich Verwaltung oder neue Pensionsregelungen, die auf die steigende Lebenserwartung abgestimmt sind. Schellhorn verweist in diesem Zusammenhang auf Politiker aus Deutschland, Schweden oder Neuseeland, die mit unpopulären Maßnahmen, etwa durch die Reduzierung der Staatsschulden, manches zum Positiven wenden konnten. Der Preis, den sie zahlten, war allerdings hoch: Viele wurden abgewählt, obwohl, wie in Deutschland, die Arbeitslosenzahlen deutlich gesunken sind. Auch Österreich hätte die Chance, die boomende Wirtschaft für den Schuldenabbau zu nutzen. Hierzulande ist es allerdings anders: Die Mehreinnahmen werden gleich wieder verteilt, was vor allem in Wahlkampfzeiten zu bemerken ist.
Baustelle Bildung
Für den Referenten ist es auch höchste Zeit für eine Reform des Bildungswesens. Das Um und Auf einer funktionierenden Schule ist für ihn die Qualität des Unterrichtes. Eine Herausforderung für die Lehrer sei der Umgang mit Kindern, die nicht Deutsch als Muttersprache haben. 57 Prozent der Wiener Pflichtschüler unterhalten sich zu Hause nicht auf Deutsch, in Vorarlberg sind es 31 Prozent. Schellhorn kann sich auch vorstellen, dass Privatschulen ohne erhöhten Kostenaufwand für alle offen stehen sollten. In Wien besuchen bereits 20 Prozent der Kinder eine Privatschule, „darunter auch Sprösslinge von Politikern, von denen man das nicht erwarten würde“.
Einige Zuhörer wollten vom Referenten wissen, welche politische Konstellation am ehesten für notwendige Reformen geeignet wäre. Eine Antwort gab es nicht, allerdings die Andeutung, dass es schon Koalitionen gäbe, die sich nicht vor einschneidenden Reformen scheuen würden. Der vor allem von Unternehmern vorgebrachte Wunsch nach Abbau von Regulierungswut und Bürokratismus wird wohl nicht so schnell erfüllt werden, weil nach wie vor zu viele Beamte für Regulierungen zuständig seien, konnte Schellhorn den Betroffenen wenig Hoffnung auf baldige Besserung machen. HA

(WISTO), Bernhard Ölz (Prisma-Vorstand), Gerard Hann, Vbg. Medienhaus (v. l.).




