Allianz-Direktorin Bianca Großgasteiger: “Der Berater vor Ort bleibt wichtig”

Markt / 23.03.2019 • 19:00 Uhr
Allianz-Direktorin Bianca Großgasteiger: "Der Berater vor Ort bleibt wichtig"
Bianca Großgasteiger ist seit über dreizehn Jahren bei der Allianz.

Die 39-Jährige leitet bei der Allianz Versicherung die Regionaldirektion West (Vorarlberg und Tirol). Im Interview spricht sie über ihre neue Aufgabe und die stattfindenden Veränderungen in der Branche.

Sie sind seit heuer als Leiterin der Regionaldirektion West zusätzlich zu Vorarlberg auch für Tirol zuständig. Wie sehen Sie die Aufgabe?

Es freut mich sehr. Es bedeutet eine weitreichende Kompetenz und Verantwortung und natürlich ist der Aufwand um einiges größer. Allein die Mitarbeiterzahl hat sich auf 300 verdreifacht. Für mich bedeutet es auch, zu pendeln  und die Herausforderung bei der Größe und den Fahrkilometern ist letztlich, dennoch nah an den Menschen zu sein.

Sie haben 2005 bei der Allianz begonnen. Was bewog Sie zu einer Karriere bei einer Versicherung?

Ich habe während meines Studiums bereits bei einer Versicherung gearbeitet. Nach dem Abschluss war ich vier Monate mit dem Rucksack in Südostasien unterwegs und habe dann zufällig ein Inserat entdeckt. Ich komme eigentlich aus dem Tourismus. Ich habe die Hotelfachschule in Bludenz gemacht. Die Branchen sind zwar verschieden, aber sie haben auch etwas gemeinsam, nämlich dass es stark auf Dienstleistung und Service ankommt.

Der Versicherungsbranche sagt man oft nach, dass sie langweilig sei.

Es ändert sich derzeit enorm viel. So werden beispielsweise die unterschriebenen Papieranträge bald der Vergangenheit angehören. Versicherung ist ein Versprechen und eine unsichtbare Leistung, die ganz viel mit Vertrauen zu tun hat. Es ist nicht leicht im Verkauf, langjährig erfolgreich zu sein. Das alles ist aber genau der Reiz für mich, die Branche bunter und moderner zu machen und das Image in ein neues Licht zu rücken.

Welche Veränderungen bringt die Digitalisierung mit sich?

Wie in allen Branchen hat sich das Kundenverhalten geändert. Es ist wichtig, nun diesen Transformationsprozess zu beginnen, denn in der Versicherungsbranche hat sich jahrzehntelang sehr wenig geändert. Was sich bei uns nun stark ändert, sind die Prozesse. Im Schadensbereich werden viele digitale Applikationen eingesetzt, um den Weg zu verkürzen und zu beschleunigen. Niemand will bei einem Schaden lange auf eine Rückmeldung warten. Hier setzen wir viele Akzente. Es gibt aber kein Entweder-Oder, digital oder analog, sondern eine Kombination aus beidem. Es geht auch um vereinfachte Produkte. Jeder, der schon mal eine Polizze bekommen hat, weiß, wie umfangreich sie ist. Das Versicherungschinesisch hat uns oft dabei gehemmt, kundenfreundlich zu agieren.

Zu vereinfachen ist wahrscheinlich gar nicht so einfach.

Mach‘s einfach, ist oft sehr schwierig. Dieses komplexe Konstrukt, das über Jahrzehnte gewachsen ist, zu vereinfachen, bedeutet einen enormen Aufwand. Aber ich denke, am Ende des Tages kommt es dem Kunden und dem Berater zugute.

Welche Rolle spielt der Berater?

Wir haben viele Kunden befragt und wenn jemandem etwas passiert, ist der Mensch vor Ort immer noch wichtig, denn in unserer Branche bedeutet es, wenn etwas passiert, meist ein negatives Ereignis wie einen Unfall oder eine Krankheit. Gerade in einer emotional schwierigen Situation brauche ich einen Menschen. Er wird also durch die Digitalisierung nicht ersetzt. Es ändern sich zwar Prozesse und natürlich können dadurch Arbeitsplätze wegfallen, aber für diese Menschen gibt es dennoch weiterhin einen Platz.

Ist der Vorarlberger gut versichert?

Im internen Österreichvergleich wissen wir, dass die Durchschnittsprämie höher ist als in anderen Bundesländern. Das hat mit dem Freizeitverhalten zu tun und auch mit dem höheren Durchschnittseinkommen. Der Vorarlberger ist also im Schnitt besser abgesichert.

Gibt es Bereiche, wo eine bessere Absicherung sinnvoll wäre?

Das größte Risiko ist immer noch die Berufsunfähigkeit. In Deutschland ist es gang und gäbe, sich hier abzusichern, in Österreich hat man den Bedarf noch nicht so erkannt. Wenn man seine Arbeitskraft verliert, kann das eine Familie in ihrer Existenz bedrohen. Genauso beschäftigen uns die Themen Pflege und Cybersicherheit. Es ist wichtig, die individuelle Situation des Risikos zu kennen. Dafür braucht es auch den Berater vor Ort. Deshalb bin auch dafür, dass er mehr Zeit für diese persönlichen Gespräche hat.

Wie sieht die Situation bei den Lebensversicherungen aus?

Natürlich war der Zins früher ein anderer als heute und dementsprechend schwieriger ist es. Dennoch gibt es wenig Alternativen. Monatlich Kapital zu sparen, ist wichtig. Momentan geht der Trend zur Kombination von Kapitalaufbau für später und Absicherung existenzbedrohender Risiken.

Wo sehen Sie generell die größten Wachstumspotenziale?

Bei der Berufsunfähigkeit und der Pflegevorsorge. Dort, wo der Markt noch klein ist, ist das Potenzial, zu wachsen, am größten. Bei der Krankenversicherung hat der Kunde den Bedarf bereits erkannt. Das war früher anders. So wird das bei der Pflege auch noch dauern.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäft in Vorarlberg und Tirol?

Ich bin sehr zufrieden. In Vorarlberg haben wir innerhalb von drei Jahren zum zweiten Mal den Bundespreis gewonnen. Das heißt, wir waren das erfolgreichste Bundesland. Das macht mich sehr stolz.