Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Versuch einer ­Vorschau

Markt / 27.03.2020 • 22:14 Uhr

Es ist zu hoffen, dass es rasch gelingt, den um den Erdball rasenden apokalyptischen Reiter Coronavirus durch einschneidende Maßnahmen einzufangen. In Asien scheint dies schon gelungen. Und auch uns muss dies mit strikter Disziplin möglich sein, ohne in kollektive Depression zu verfallen.

Die bisher getroffenen Maßnahmen werden gravierende wirtschaftliche Folgen haben. Weite Teile der Wirtschaft sind zum Stillstand gekommen – ein schwerer Schlag für die gesamte Weltwirtschaft, gefolgt von der Gefahr eines ökonomischen Supergaus. Umso wichtiger ist es, jetzt mit allen Mitteln gegenzusteuern, nach dem Grundsatz „What ever it takes“. Wer rasch und unbürokratisch hilft, hilft doppelt. Dabei wäre eine globale Kooperation wünschenswert, ist mit Trump aber nicht möglich. Umso wichtiger ist eine rasche europäische Lösung. Die europäische Notenbank EZB hat mit einer Liquiditätszusage von 750 Mrd. Euro diesbezüglich schon gehandelt. Nun muss der Einsatz einer „Euro-Bazooka“ d. h. ein europäischer Fiskalpakt folgen. Nur so gelingt die Absicherung des europäischen Binnenmarktes.Die Maßnahmen werden Wirkung zeigen, den wirtschaftlichen Rückgang aber nicht verhindern können. Selbst bei rascher Erholung wird der Schaden enorm sein. Das bedeutet langsameres Wachstum, höhere Inflation und deutlich mehr Arbeitslose.

Wir werden weder im Alltagsleben noch in der Wirtschaft zum bislang Gewohnten zurückkehren. Die jetzt erzwungene Entschleunigung wird teilweise bestehen bleiben, und auch unser Reiseverhalten sowie unser Konsum werden sich verändern. Selbst wenn wir nicht in den Fehler deglobalisierender und isolationistischer Renationalisierung verfallen, werden sich Produktion und Lagerhaltungen der Firmen wandeln, um das Risiko zu engmaschiger Lieferketten und zu knapper Lagerhaltung sowie der damit verbundenen Verwundbarkeit zu reduzieren. Roboterisierung, Künstliche Intelligenz und 3D-Druck werden verstärkt angewendet. Die digitale Transformation wird sich beschleunigen, u.a. auch im Bildungsbereich. Krisenpläne und Einrichtungen werden ebenso erhöhte lokale Aufmerksamkeit finden wie die Versorgung mit Medikamente, Schutzausstattungen oder kritische Infrastrukturen.

Zu hoffen ist, dass künftig wieder mehr Zusammenhalt, Gemeinsinn und Solidarität geübt werden. Keinesfalls darf die Krise für polarisierende Selbstinszenierung genutzt werden! Die Bewältigung dieser Aufgaben ist neben den schon längst bestehenden Problemen eine Überlebensfrage.

„Die Maßnahmen werden Wirkung zeigen, den wirtschaftlichen Rückgang aber nicht verhindern können.“

Hannes Androsch

markt@vn.at

Dr. Hannes Androsch ist Finanz­minister i. R. und Unternehmer.