Nobelpreisträger Paul Romer: “Wir müssen testen, testen, testen”

Markt / 16.07.2020 • 20:30 Uhr
Nobelpreisträger Paul Romer: "Wir müssen testen, testen, testen"
Paul Romer wurde 2018 zusammen mit William Nordhaus mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. AP

Paul Romer sieht darin Lösung zur Bewältigung der Coronakrise.

Schwarzach In vielen Ländern nehmen die Infektionszahlen wieder zu. Die Coronakrise ist noch nicht ausgestanden. Ohne flächendeckende, repräsentative Coronatests wird es für Bevölkerung und Wirtschaft allerdings schwer werden, wieder in die Normalität zurückzukehren. Davon ist die Initiative „Test the world“ überzeugt, die von renommierten Wissenschaftlern und Unternehmern aus der ganzen Welt unterstützt wird. Ein Gründungsmitglied ist Paul Romer, der vor zwei Jahren zusammen mit William Nordhaus den Wirtschaftsnobelpreis verliehen bekam. Auf Einladung des Vienna Behavioral Economics Network und Präsidentin Corinna Fehr (Fehr Advice) sprach Romer über Auswege aus der Coronakrise.

Finden und isolieren

Viele Maßnahmen, die von Regierungen gesetzt wurden, machen für Paul Romer wenig Sinn. Lockdowns beispielsweise. Denn sobald man wieder öffne, verbreite sich das Virus und wenn es sich verbreite, sei die Kontrolle schwierig. Auch dass derzeit nur bei berechtigtem Verdacht auf eine Infektion oder bei Risikogruppen getestet wird, sei nicht zielführend. „Viele Länder setzen dann auf die Kontaktverfolgung. Der Schlüssel ist aber, die Infizierten zu finden und sie zu isolieren, anstatt Restriktionen über die gesamte Bevölkerung zu verhängen“, ist der Wissenschaftler überzeugt. Das funktioniere nur über „testen, testen und nochmal testen. Häufiges und wiederholtes testen“, sagt Romer.

Dafür müsse man aber weg von den teuren klinischen Tests mit langen Wartezeiten und hin zu günstigeren Schnelltests, die es ermöglichen, Proben in kurzer Zeit zu analysieren. „Solche Testgeräte könnten beispielsweise an Schulen oder in Unternehmen vor Ort stehen.“ So wie an einigen US-Universitäten, wo die Studenten nun anfangs alle drei Tage durchgetestet werden.

Neue und alte Jobs

Das Durchtauchen durch die Coronakrise sieht der Professor generell aber als einen langen Prozess. Es werde keine schnelle Heilung geben. Und dieser Prozess habe viele Ebenen. Wirtschaftlich seien die Kosten enorm. Die hohe Arbeitslosigkeit könne man vor allem dadurch wieder auf Normalzustand bringen, indem man wieder zu dem zurückkehrt, was man vorher gemacht hat. „Also reisen, essen gehen oder im Hotel übernachten, wenn es sicher ist, dorthin zu gehen“, so Romer. Zudem gebe es zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten. „Die Menschen verbringen beispielsweise mehr Zeit im Garten und kaufen regionale Produkte. Darauf könnte man sich spezialisieren.“ Genauso bräuchten Schüler mehr Möglichkeiten, das Verpasste aufzuholen. „Für die Betreuung der Kinder und Jugendlichen in Sommerschulen könnten neue Leute rekrutiert werden.“

Letztlich habe der Umgang mit der Pandemie auch mit Wertehaltung zu tun. Das Bedürfnis Mitmenschen zu schützen, müsse stärker in den Vordergrund. Romer bringt dazu den Vergleich mit der US Navy. Deren Motto lautet „ship, shipmate, self“. Zuerst kommt das Schiff, dann der Schiffskamerad und erst dann man selbst. „Wir sind alle Teil eines Schiffes, das wir moralisch beschützen müssen.“

Mehr Informationen: https://testtheworld.org/de/ und https://vben.at/ (Vienna Behavioral Economics Network)