Zwei Seen, (k)ein Vergleich

Statt Festspiel- ein Wirtschaftsvergleich zwischen Neusiedler See und Bodensee.
Bregenz, Mörbisch Eigentlich wäre jetzt Festspielzeit – sowohl im Burgenland als auch in Vorarlberg. Doch die Seefestspiele Mörbisch, die heuer eigentlich die West Side Story auf die Seebühne im Neusiedlersee bringen wollten, sind ebenso abgesagt wie die Bregenzer Festspiele mit dem sehr erfolgreichen Rigoletto auf dem See. Das jeweilige Programm wurde auf das nächste Jahr verschoben. Doch unbestritten ist, dass beide Veranstaltungen – so unterschiedlich auch die Ausrichtung ist – sowohl in Bregenz als auch in Mörbisch große Wirtschaftsfaktoren sind, die für gute Geschäfte in der Tourismusbranche wie auch im Handel und im Gewerbe sorgen.
Über den Erwartungen
Wie hoch der Schaden ist, kann derzeit noch nicht beziffert werden, allerdings, so beteuern die Tourismusverantwortlichen ganz im Westen und im äußersten Osten Österreichs, würden trotz oder wegen Corona die Nächtigungszahlen über den Erwartungen liegen. Wie aber liegen der Neusiedlersee und der Bodensee im direkten Wirtschaftsvergleich?
Stefan Höffinger, über dessen Seenvergleichsstudie (ohne Neusiedlersee) die VN berichteten, hat die beiden Regionen an den entgegengesetzten Enden der Republik einem Vergleich unterzogen. Der Tourismus als Arbeitgeber ist am Boden- wie am Neusiedlersee wichtig, doch nicht dominant. Am Bodensee beträgt der Anteil der Erwerbstätigen im Tourismus 4,7 Prozent. In produzierenden Betrieben arbeiten 24,8 Prozent. Am Neusiedlersee arbeiten 5,3 Prozent der Arbeitnehmer im Tourismus und in der Produktion 9,8 Prozent.
Gleichstand herrscht bei der Steigerung der Nächtigungen im Fünf-Jahresvergleich 2014 bis 2019: Beide konnten die Nächtigungen im Sommer um 28 Prozent steigern, was auch auf das jeweilige kulturelle Angebot zurückzuführen sei. Im Winter zieht der Bodensee davon: Die Steigerung betrug 24 Prozent. Am Neusiedlersee waren es „nur“ neun Prozent mehr. Die meisten Gäste, nämlich 401.986, in der Vorarlberger Bodenseeregion nächtigten 2018/19 in Bregenz. Am Neusiedlersee ist Podersdorf der Touristenhotspot mit 428.383 Nächtigungen. Vorteil Bodensee: Auch wenn die Zahlen hoch sind, ist die Tourismusintensität, bei der die Nächtigungen durch die Anzahl der Wohnbevölkerung dividiert werden, mit dem Faktor vier deutlich geringer als am Neusiedlersee, wo sie den Faktor 26 hat.
Gute Steuerzahler
Die Bodenseeregion (in die Untersuchung von Hoeffinger Solutions einbezogen wurden Bregenz, Dornbirn, Lustenau, Wolfurt, Lauterach, Hard, Höchst, Lochau und Hörbranz) hat zwar viele Tourismusbetriebe, doch Ausfälle wiegen in der Gesamtbeurteilung weniger schwer wie im Burgenland. In Vorarlberg haben die Kommunalsteuern an den Gesamtsteuereinnahmen einen Anteil von 26 Prozent. Am Neusiedlersee (Neusiedl am See, Gols, Breitenbrunn, Purbach, Rust, Illmitz, Podersdorf, Mörbisch, Weiden, Jois, Apetlon, Oggau, Winden, Donnerskirchen) lediglich 17 Prozent. Spitzenreiter bei der Kommunalsteuer pro Kopf ist in Vorarlberg Dornbirn (2041 Euro) vor Bregenz (2033 Euro), im Burgenland Rust (1692 Euro) vor Podersdorf (1467 Euro).
Wohnen am See kann nicht wirklich verglichen werden, da in Vorarlberg seit 2014 keine Grundstücke mehr am See bzw. in Seenähe verfügbar sind. Doch schon damals lagen die Preise weit über jenen am Neusiedlersee, wo der Quadratmeter derzeit um 230 bis 400 Euro kostet. Am Bodensee waren die Preise 2014 zwischen 370 und 530 Euro. Auch die Zahl der Nebenwohnsitzfälle spricht für den Bodensee. Während sie bei uns bei sechs pro 100 Einwohner liegt, sind es am Neusiedlersee 23 pro 100 Einwohner. VN-sca

Ost und West
13,1 Prozent oder 3670 Meter des Bodenseeufers sind frei zugänglich. Am Neusiedlersee sind es 5,2 Prozent oder 4550 Meter.
10 Haubenlokale mit durchschnittlich 13 Punkten gibt es am Bodensee,
6 Haubenlokale mit durchschnittlich 12,6 Punkten am Neusiedlersee.
2,8 Prozent über dem Österreichschnitt ist die Zahl der Erwerbstätigen am Bodensee, 0,9 Prozent unter dem Schnitt am Neusiedlersee.