Ist Homeoffice erzwingbar?

Arbeitsrechtsexperte Gruber-Risak über das Recht auf Homeoffice, Kostenersatz und Versicherung.
Wien Die Zeit im Homeoffice jährt sich für viele bald zum ersten Mal. Ein Homeoffice-Gesetz, wie es Sozialpartner und die ehemalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) angekündigt hatten, gibt es aber noch nicht. Ihr Nachfolger Martin Kocher möchte das nun angehen. Der Ball liegt allerdings bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Denn laut Sozialpartner sind bei der künftigen Homeoffice-Regel nur noch steuerliche Fragen offen. Arbeitsrechtlich gebe es bereits einen Kompromiss. Darüber herrscht jedoch noch Stillschweigen.
Rechte und Pflichten
Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien erklärt im VN-Gespräch, dass gesetzlich nur bei Details nachgeschärft werden müsse: „Der Anpassungsbedarf ist geringer als man denkt.“ Die einzige große Frage sei, ob es ein Recht auf Homeoffice gibt, wenn der Arbeitgeber dagegen ist. Dafür bräuchte es – ähnlich wie bei Gleitzeitregeln – eine erzwingbare Betriebsvereinbarung. „Sollte der Arbeitgeber sich dagegenstemmen, könnte der Betriebsrat zur Schlichtungsstelle gehen und Homeoffice erzwingen“, sagt Risak. Voraussetzung wäre, dass sich die Sozialpartner im Vorfeld auf einen Mindestinhalt zur Vereinbarung einigen oder das Ministerium eine Musterbetriebsvereinbarung vorlegt. Die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und -gebern müssten festgehalten werden.
Pauschale oder Freibetrag
Wie stünde es zum Beispiel um den Kostenersatz? „Derzeit ist geregelt, dass jeder notwendige und nützliche Aufwand, der im Zusammenhang mit einer Dienstleistungserbringung entsteht, vom Arbeitgeber zu ersetzen ist“, sagt Gruber-Risak und nennt das Kilometergeld als Beispiel. Auch direkte Kosten wie Druckerpatronen seien zu ersetzen. Die Frage, die sich nun stelle, sei, ob Arbeitnehmer auch Anspruch auf eine Homeoffice-Pauschale hätten. Wenn ja, müsste Blümel klären, ob sie steuerfrei ist.
Von einem jährlich pauschalierten Steuerfreibetrag hält Gruber-Risak wenig: „Den Steuerfreibetrag bezahlen sich die Arbeitnehmer am Ende selbst, weil es ja die Allgemeinheit ist, die dafür mit ihrem Steuergeld aufkommen müsste.“ Schließlich würde der Staat bei einem Freibetrag auf Einnahmen verzichten. Dem Arbeitgeber entstünden keine Kosten.
Keine doppelte Ausstattung
Was die Ausstattung im Homeoffice anbelangt, müsse Bewusstseinsarbeit geleistet werden, hält der Arbeitsrechtsexperte fest. Das Arbeitnehmer-Schutzgesetz gelte zwar für die Arbeitsstelle zuhause, aber nicht in dem Umfang, wie dies in der betrieblichen Arbeitsstätte der Fall ist. „Dort gibt es ganz genaue Vorschriften von der Belüftung bis zur ergonomischen Ausstattung des Arbeitsplatzes.“ Für den Arbeitsplatz daheim müsse der Arbeitgeber lediglich ein Bildschirmgerät, eine getrennte Tastatur und eine Maus zur Verfügung stellen. Würde Homeoffice und Arbeiten im Betrieb kombiniert, müsse er die Ausstattung nicht doppelt anschaffen. Dem Arbeitnehmer könne zugemutet werden, Maus und Tastatur von A nach B zu transportieren.
Geld für Mobiliar
Stellt der Arbeitgeber Mobiliar fürs Homeoffice zur Verfügung, das im Falle einer Kündigung wieder in den Betrieb zurückwandert, so müsse dieses den ergonomischen Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes entsprechen. Steuert der Arbeitgeber nur ein paar Euro zu Schreibtisch und Co. bei, gelten keine konkreten Regeln.
Kündigungsfrist für Homeoffice
Gruber-Risak verweist darauf, dass es immer ein Recht auf eine Rückkehr zum Arbeitsplatz im Betrieb geben müsse. Das bedeute, dass eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice eine Kündigungsfrist brauche. „Die Idee ist, dass ein Arbeitnehmer auch wieder Vollzeit in die Firma zurückkehren oder der Arbeitgeber ihn zurückholen kann.“
Unfallversicherung greift
Was die Unfallversicherung anbelangt, sieht der Experte keinen Handlungsbedarf. Es hätte nicht einmal die im vergangenen Jahr durchgeführte Änderung gebraucht. Die Unfallversicherung greife immer bei Arbeitsunfällen, solange diese örtlich, zeitlich und ursachlich im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen – ob nun im Betrieb oder in den eigenen vier Wänden gearbeitet wird, ist hier nebensächlich.
„Es stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer Anspruch auf eine Homeoffice-Pauschale haben.“