Studentenleben in der Warteschleife

Die Fachhochschule bleibt bis auf Weiteres im Distance Learning.
Dornbirn Statt Studentenpartys gibt es einen Abend auf der Couch, statt Hörsälen den Esszimmertisch im Elternhaus. Mit dem berühmt berüchtigten Studentenleben hat das aktuell nicht mehr viel zu tun. Zu Beginn der Vorlesung, die per Videokonferenz stattfindet, wird die Kamera kurz eingeschalten, nach der Begrüßung ist aber wieder jeder Studierende für sich allein. Als sich Armando Hödl (23) im vierten Semester befindet, bricht die weltweite Pandemie aus, im Juli macht Armando seinen Abschluss nach sechs Semestern – Corona ist noch immer da. Armando belegt das duale Studium Wirtschaftsingenieurwesen. Drei Tage arbeiten, zwei Tage Studium. Was nach einer abwechslungsreichen Woche klingt, erweist sich seit März 2020 als brutale Eintönigkeit. „Ich bin teilweise von morgens um 8 Uhr bis abends um 22 Uhr vor dem Computer gesessen. Danach war ich zum Ausgleich noch eine Stunde lang joggen,“ erzählt Armando von seinem Tagesablauf seit November. Über die Frage, wann er zuletzt das Gebäude der FH von innen gesehen hat, muss er sehr lange nachdenken. Der Umstieg auf Distance Learning fiel nicht nur den Studierenden schwer, die Lehrenden hatten zu Beginn oft mit technischen Problemen zu kämpfen. Statt Frontalunterricht gibt es nun viel häufiger interaktive Diskussionen, statt starrer Prüfungen werden Projekte erarbeitet. Für Armando hat es gut funktioniert, weil er seine Kommilitonen bereits gekannt hat. Mit den Studienanfängern hat er Mitleid: „Alles, was das Studentenleben ausmacht, gibt es derzeit nicht. Unser Studium lebt vom Netzwerk, es ist unmöglich das von zuhause aus aufzubauen.“ Es gibt aber auch die andere Seite: Einige seiner Kommilitonen seien froh, dass alles online stattfindet und sie sich damit zumindest die Anfahrtswege ersparen.
Offene Gesprächsrunden
Die Rektorin der FH Tanja Eiselen hat mit Beginn der Pandemie offene Gesprächsrunden auf die Beine gestellt. Virtuell treffen sich bis zu 70 Studierende regelmäßig, um sich über Schwierigkeiten auszutauschen. „Es hilft manchmal schon zu wissen, dass man mit den Problemen nicht allein ist,“ erzählt Eiselen. Zu Beginn gab es Studierende, die aus finanziellen Gründen die Leihgeräte aus der FH benötigten. Mittlerweile drehen sich die Gespräche mehr um Motivationsprobleme, gemeinsam mit der Österreichischen Hochschülerschaft wird den Problemen entgegengewirkt. Die Abbrecherquote erfahre keine signifikante Steigerung, es falle lediglich auf, dass vor allem die Erstsemester auf eine Rückkehr in den Präsenzunterricht drängen. Hödl will nicht, dass die Abschlussgeneration nun als „Lost Generation“ bezeichnet wird. Im Gegenteil, er ist der Meinung, dass hervorgehoben werden soll, dass sie es sind, die es trotz der psychischen Belastung geschafft haben. Und er sieht noch mehr positives: „Es war überfällig, dass sich in vielen Bereichen etwas verändert und gewisse Strukturen zur Digitalisierung gezwungen wurden.“ Unter den Studierenden stoße allerdings der Umstand sauer auf, dass sich die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen immer um Schulen und Büros drehen – Unis würden davon komplett ausgeschlossen. Aktuell dürfen einzelne Gruppenprojekte stattfinden. Wann der Normalbetrieb wieder beginnt, ist aber nach wie vor nicht absehbar. Die Studierenden warten weiter. VN-SUB
„Es war überfällig, dass gewisse Strukturen zur Digitalisierung gezwungen wurden.“

Die FH ist aktuell nicht gut besucht.
