Beim Einkaufen sind Vorarlberger besonders fair

Immer mehr Konsumenten im Land achten auf fair gehandelte Lebensmittel.
Wien, Schwarzach Wer ein Schokocroissant des Dornbirner Meisterbäckers Ölz verspeist, kann das mit gutem Gewissen tun. Auch wer Schokoladeprodukte von Gunz konsumiert oder seinen Durst mit Säften von ausgesuchten Früchten von Pfanner und Rauch stillt, ist nicht nur Genießer, sondern auch fair. Vorarlberger Produzenten zählen zu den größten und langjährigsten Vertragspartnern der Fair-Trade-Organisation, erklärt Hartwig Kirner, Geschäftsführer des Vereins zur Förderung des fairen Handels mit den Ländern des Südens, wie Fairtrade Österreich im kompletten Wortlaut heißt.
Nicht selbstverständlich
Fairtrade sorgt kurz gesagt dafür, dass die Produzenten von Kaffee, Kakao, Bananen und Orangen, um nur einige der Einsatzmöglichkeiten zu nennen, einen fairen Preis für ihre Arbeit bekommen. Das ist nach wie vor nicht selbstverständlich, sind doch ganze Rohstoffgruppen in der Hand weniger Händler. Und die machen Kirner zuweilen wütend. Nämlich dann, wenn sie fairere Preise versprechen und diese dann nicht bezahlen. „Das Geschäft mit Kakao machen vier Firmen, die vor einigen Jahren versprochen haben, höhere Preise zu bezahlen. Doch mit Tricks kommen sie auf niedrigere Einkaufspreise als vor dem Versprechen“, schildert Kirner die Praktiken.
Doch auch die Konsumenten werden sensibler: Sie schauen noch stärker auf faire Bedingungen für die Bauern und ihre Familien. „Die Menschen haben aus den Krisen der vergangenen Jahre und den Herausforderungen für die Zukunft Lehren gezogen“, ist sich Kirner sicher und untermauert das mit entsprechenden Zahlen. 485 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr mit Fairtrade-produkten in Österreich umgesetzt, ein Wachstum von 24 Prozent. Paradeprodukt sind Bananen. Der Marktanteil der fairen Bananen liegt inzwischen bei sagenhaften 28 Prozent, 35.321 Tonnen wurden im vergangenen Jahr verkauft. Auch bei Rosen gehört Fairtrade zu den Spitzenreitern: 44,4 Millionen Stiele, wie es bei Rosen heißt, wurden im vergangenen Jahr in Österreich verkauft, das bedeutet einen Marktanteil von 37 Prozent.
Kakao ist ein Produkt, das Kirner, trotz deutlichen Steigerungen, Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Denn im Gegensatz zu anderen Rohprodukten sind die Preise für Kakaobohnen starken Schwankungen ausgesetzt, was für die Genossenschaften auch hohe Vorfinanzierungen notwendig mache und sie so sehr strapaziere, dass sie in Existenznöte geraten können. Fairtrade-Kakao verwendet Großbäcker Ölz für alle schokoladigen Produkte und das Handelshaus Gunz, das mit seiner Umstellung auf Fairtrade-Schokolade auch international ein Pionier war. Erfreut zeigt sich Kirner auch darüber, dass mit Manner die beliebteste österreichische Marke im Süßwarenbereich fairen Kakao verwendet.
West-Ost-Gefälle
Die Vorarlberger gaben im letzten Jahr 22 Millionen Euro für Fairtrade-Produkte aus und sind damit ganz vorne im Österreich-Vergleich, berichtet Kirner. „Es gibt ein deutliches West-Ost-Gefälle“, denn auch Tirol zählt mit einem Jahresumsatz von 41 Millionen Euro zu den Spitzenreitern. Eine wichtige Rolle in der Bewusstseinsbildung nehmen, so der Fairtrade-Geschäftsführer, die Welt-Läden ein, die oft schon über Jahrzehnte Bewusstsein für die Produzenten schaffen, ihre Geschichten in die Welt bringen.
Trotz Rekordumsatz sieht Fairtrade noch Luft nach oben. Während Konsumenten in den Supermärkten auf das bekannte Yin-Yang-Label achten, wird es von Gastronomen weitgehend ignoriert, berichtet Kirner mit Hinweis auf die Erzeugerausweise in Speisekarten, die in vielen Restaurants bereits usus sind. Fairtrade unterstützt Regionalität, versichert er, dazu würden aber auch bei Produkten, die nicht regional erzeugt werden können, entsprechende Achtsamkeit gehören.
Fairtrade Österreich 2021
Umsatz 2021 485 Millionen Euro (+24%), Vorarlberg 22 Millionen Euro
Direkteinnahmen der Produzentenorganisationen 69,5 Mill. USD
Produkte 2200
Bekanntheit 93 Prozent kennen das Siegel, 86 Prozent kaufen gelegentlich, 52 Prozent regelmäßig
Beliebteste Produkte Bananen (35.321 Tonnen), Kakao (7015 Tonnen), Rohkaffee (4853 Tonnen)