Überhitzung oder Rezession?

Wien Weiterhin prägen die hohen Inflationsraten die wirtschaftlichen Schlagzeilen, zuletzt mit acht Prozent in Österreich. Dementsprechend tauchen immer wieder Begriffe wie „Überhitzung“ der Wirtschaft auf und daher werden auch Maßnahmen zur „Abkühlung“, allen voran Zinserhöhungen, gefordert. Die gestiegene Inflationserwartung und auch Inflationsangst machen dies wohl notwendig. Gleichzeitig darf aber auch nicht aus den Augen verloren werden, dass die aktuellen Ereignisse sich auch dämpfend auf die Konjunktur auswirken, speziell in Europa. Die letzten Umfragen unter den Einkaufsmanagern der Industrie im Euroraum zeigte im Mai erstmals seit langen schrumpfende Auftragseingänge und trotz weiter steigender Produktion liegt das Niveau kaum über 2019. Auch Österreichs Industriebetriebe waren im Mai mit sinkenden Auftragseingängen, vor allem aus dem Ausland, konfrontiert. Der globale Konjunkturindikator für alle Industrieländer deutet seit Monaten auf Stagnation hin, gleiches gilt für die mittelfristige Erwartung der Industrie in Österreich. Die Konsumentenstimmung in Österreich liegt unter dem Niveau bei Pandemiebeginn. Demensprechend haben die Weltaktienmärkte seit Jahresbeginn 15 Prozent an Wert verloren. Gleichzeitig liegen die Finanzierungskosten für langfristige Firmenkredite im Euroraum heute mit drei Prozent so hoch wie zuletzt 2014, zu Jahresbeginn lagen sie noch bei einem Prozent. Maßnahmen gegen die hohen Inflationserwartungen sind notwendig, die Wirtschaftsdynamik darf dabei aber nicht auf der Strecke bleiben.
stefan.bruckbauer@unicreditgroup.at, Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria Unicredit, Economics & Market Analyses