“Österreichs Wirtschaft braucht mehr Investitionen”

Markt / HEUTE • 09:19 Uhr
"Österreichs Wirtschaft braucht mehr Investitionen"

Stefan Bruckbauer (Bank Austria Unicredit) über die strukturellen Schwächen.

Wien Derzeit leidet die Wirtschaft in Österreich unter einer Vielzahl an Problemen: Zuerst einmal dämpfen konjunkturelle Faktoren die inländische und ausländische Nachfrage. Dies reicht vom Anstieg der US-Zölle bis hin zu den Problemen der Bauwirtschaft durch den starken Zins- und Preisanstieg. Zusätzlich hat eine nicht optimale (Fiskal- und Energie-)Politik in den letzten Jahren zu einem anhaltenden Inflationsproblem geführt – zuletzt lag die Inflation in Österreich fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Grund dafür sind die Energiepreise und die Dienstleistungspreise – vor allem in Gastronomie und Hotellerie. Das Ergebnis: Die Lohnstückkosten sind in Österreich seit 2019 mit 31 Prozent deutlich stärker gestiegen als im Schnitt des Euroraums mit 20 Prozent. Auch wenn hierzulande die Löhne zuletzt in der Industrie weniger gestiegen sind als etwa in Deutschland: Ein großer Abstand seit 2019 bleibt weiterhin.

Strukturelle Schwächen

Noch stärker als unter diesen kurzfristigen Herausforderungen leidet die Wirtschaft in Österreich bzw. generell in Europa aber unter strukturellen Schwächen: In den letzten zwanzig Jahren ist die Produktivität in Österreich – gemessen am realen BIP pro Stunde – lediglich um 1,1 Prozent pro Jahr gestiegen (im Euroraum gar nur um 0,8 Prozent), verglichen mit 1,4 Prozent in den USA. Zwar hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Österreich mit 1,1 Prozent pro Jahr stärker erhöht als in den USA mit 0,7 Prozent, die Arbeitsstunden je Beschäftigte:n sind jedoch um 0,7 Prozent pro Jahr zurückgegangen, in den USA sind sie gleich geblieben. In Summe lag damit das Wirtschaftswachstum pro Jahr in Österreich bei nur 1,4 Prozent, in den USA bei 2,1 Prozent. Österreich braucht also mehr Produktivitäts- und mehr Arbeitsstundenzuwachs, um wieder ein höheres Wirtschaftswachstum zu generieren.

Vor allem beim Produktivitätswachstum sieht es jedoch nicht gut aus. Hat die USA in den letzten zwanzig Jahren ihre Investitionen in Technologie versechsfacht, haben sie sich in der EU lediglich verdoppelt, und in Österreich sind sie gar nur um die Hälfte gestiegen. Der Anteil der EU an den globalen F&E-Ausgaben entspricht gerade ihrem Anteil am globalen BIP, auf die USA, die 27 Prozent am globalen BIP haben, entfallen 47 Prozent der globalen F&E-Ausgaben. Überdurchschnittlich ist der Anteil der EU lediglich bei F&E-Ausgaben im KFZ-Bereich mit 45 Prozent, im Bereich Technologie sind es nur 8 Prozent, in den USA 66 Prozent.

Österreich muss daher nicht nur mehr (Stunden) arbeiten, es muss auch mehr in Zukunftstechnologien investieren, um wieder Wachstum zu erreichen.

stefan.bruckbauer@unicreditgroup.at, Stefan Bruckbauer,
Chefvolkswirt der Bank Austria Unicredit, Economics & Market Analyses