Neue Details zur Bertsch-Pleite

Markt / 20.12.2022 • 22:17 Uhr
Rechtsanwalt Wilhelm Klagian wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. vn
Rechtsanwalt Wilhelm Klagian wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. vn

Nach dem Wechsel des Wirtschaftsprüfers drehte Eigenkapital ins Minus.

Bludenz Die Insolvenz des Bludenzer Kraftwerksanlagenbauers Bertsch Energy wurde zur bislang zweitgrößten Firmenpleite in Österreich im Jahr 2022. Die Aufarbeitung der Umstände, die zu dieser millionenschweren Insolvenz geführt haben, dürfte unterdessen noch spannend werden, berichtet die Wirtschaftspresseagentur. Dabei gehe es vor allem um die Frage, wie sich die Bilanzen des Unternehmens in kürzester Zeit so massiv verschlechtern konnten.

So soll ein Wirtschaftsprüfer aus Oberösterreich über mehrere Jahre hinweg bis einschließlich des Geschäftsjahres 2019 die Jahresabschlüsse geprüft und bestätigt haben. Allerdings sind die Abschlüsse nur bis 2018 beim Firmenbuch veröffentlicht worden.

Trendumkehr

Der noch öffentlich vorliegende Abschluss 2018 zeigt in der Bilanz ein Eigenkapital von 9,4 Millionen Euro und in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Betriebsergebnis von 2,4 Millionen Euro. Im Lagebericht für 2018 heißt es, dass sich die Auftragseingänge von 148 Millionen Euro auf 176 Millionen Euro erhöht hätten. „Mit dem positiven Ergebnis 2018 konnte wiederum die Trendumkehr bestätigt werden…/…/ Für das Jahr 2019 planen wir ein deutlich positives Ergebnis“, steht dort zu lesen.

Die Jahresabschlüsse 2019 und 2020 liegen zwar noch nicht offiziell zur Einsichtnahme beim Firmenbuch auf. Der Wirtschaftspresseagentur wurden jedoch aus gut informierten Wirtschaftskreisen ein paar Kennzahlen für die Jahre 2019 und 2020 zur Kenntnis gebracht. Daraus ergebe sich folgendes Bild: Anstatt des erwarteten deutlich positiven Ergebnisses stand demnach 2019 ein negatives Betriebsergebnis von minus 9,5 Millionen Euro in den Büchern. Das Eigenkapital war mit 14,7 Millionen Euro aber noch immer positiv.

Eigenkapital plötzlich im Minus

Die gleichen Kennzahlen für 2020 zeigen unterdessen eine rapide Verschlechterung der Bilanz. So sei das Eigenkapital angeblich von vormals plus 14,7 Millionen Euro auf minus 42,5 Millionen Euro gedreht. Und das alles bei einer Bilanzsumme im Jahr 2018 in Höhe von 112,5 Millionen Euro. In der GuV 2019 habe sich das Betriebsergebnis von minus 9,5 Millionen Euro auf minus 60 Millionen Euro verschlechtert. 

Gut informierte Kreise weisen darauf hin, dass der Hund vor allem bei absichtlich oder unabsichtlich nicht korrekt durchgeführten Bewertungen laufender Großprojekte für die Bilanzerstellung und bei der korrekten Verbuchung von Umsatzerlösen begraben sein dürfte. Allein über das operative Geschäft seien Verschlechterungen in diesen Dimensionen von einem auf das andere Jahr kaum möglich. Auch mit den Folgen der Corona-Maßnahmen ab Ende März 2020 könne man solche Zahlensprünge nicht erklären. 

Neuer Wirtschaftsprüfer für 2020

Dabei gibt es einen weiteren Unterschied: Der Jahresabschluss für 2020 wurde unterdessen von einem anderen Wirtschaftsprüfer geprüft und bestätigt, der auch einen Standort in Vorarlberg unterhält. Wie es heißt, sollen unter anderem die involvierten Banken auf die Bestellung eines neuen Wirtschaftsprüfers gedrängt haben. Der lieferte dann ein völlig anderes Bild von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens.

Mögliche Haftungsansprüche

Der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter Wilhelm Klagian dürfte derzeit vor allem mit dem bestmöglichen Verkauf jener Unternehmensteile beschäftigt sein, für die sich ein Käufer findet. Danach könnte er sich unter Umständen aber auch mit der Frage beschäftigen, ob die Zahlen fachlich nachvollziehbar und begründbar sind oder ob sich mögliche Haftungsansprüche ergeben.

Zwischen den Bilanzen 2019 und 2020 der Bertsch-Tochterfirma Bertsch Energy soll es gravierende Unterschiede geben. bertsch
Zwischen den Bilanzen 2019 und 2020 der Bertsch-Tochterfirma Bertsch Energy soll es gravierende Unterschiede geben. bertsch
Die Insolvenz von Bertsch Energy ist die heuer bislang zweitgrößte Firmenpleite.
Die Insolvenz von Bertsch Energy ist die heuer bislang zweitgrößte Firmenpleite.