Mitarbeiter und Kunden zittern

Markt / 13.06.2023 • 22:39 Uhr
Konsumenten lösten in den zu schließenden Filialen ihre Gutscheine ein - viele hofften außerdem noch, ein Schnäppchen zu machen. APA/Eckl
Konsumenten lösten in den zu schließenden Filialen ihre Gutscheine ein – viele hofften außerdem noch, ein Schnäppchen zu machen. APA/Eckl

Nach der Insolvenzanmeldung: Wichtige Fakten zu Kika/Leiner-Sanierungsverfahren.

St. Pölten, Dornbirn Die angeschlagene Möbelkette Kika/Leiner hat unter ihrem neuen Eigentümer Hermann Wieser am späten Montagnachmittag ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht St. Pölten beantragt. Gemessen an den betroffenen Dienstnehmern (rund 3300) handelt es sich laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) um die größte Insolvenz der letzten zehn Jahre in Österreich (die VN berichteten). Wie geht es nun weiter, wer ist der geheimnisvolle Eigentümer des Handelsunternehmens, von dem es weder Interviews noch Bilder gibt, was passiert in Dornbirn und was passiert mit Anzahlungen von Kunden bzw. Einkaufsgutscheinen?

Um wie viel Geld geht es? Die Gläubigerforderungen (Passiva) belaufen sich laut Kreditschützern auf 132 Millionen Euro, davon 40 Mill. Euro an Lieferantenforderungen, welche jedoch teilweise von einer Versicherung abgedeckt werden sollen, und 42 Mill. Euro an öffentlichen Abgaben und Beiträgen sowie Dienstnehmerforderungen einschließlich der Beendigungsansprüche aus den aufzulösenden Dienstverhältnissen. Zum Vermögen (Aktiva) machte das Unternehmen keine Angaben. Von der Insolvenz sind 433 Gläubiger und 3296 Arbeitnehmer betroffen. 

Wie viel Geld sollen die Gläubiger bekommen? Den Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren, angeboten. „Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Sanierungsbestrebungen tatsächlich aufrechterhalten werden können“, so Brigitte Dostal vom KSV1870. Der wohl größte Gläubiger, die Republik Österreich, hofft, durch die Ermittlungen der Finanzprokuratur so viel Geld wie möglich „für den Steuerzahler zu retten“.

Bleibt der Standort Dornbirn offen? Die Entscheidung darüber und über den Plan, 17 Standorte weiterzuführen, wird der Insolvenzverwalter und nicht die örtliche Filialleitung bzw. das Management rund um den geheimnisvollen Eigentümer Hermann Wieser treffen. Der St. Pöltner Rechtsanwalt Mag. Volker Leitner wurde mit dieser Aufgabe beauftragt, die Berichts- und Prüfungstagsatzung ist für den 21. August anberaumt. Die für das Schuldnerunternehmen entscheidende Sanierungsplantagsatzung findet am 25. September 2023 statt.

Wie geht es für die Mitarbeiter weiter? Ab heute, Mittwoch, werden die Mitarbeiter in jedem einzelnen Möbelhaus von Fachleuten der Gewerkschaft GPA und der Arbeiterkammer informiert. In Dornbirn finden mehrere Mitarbeiterversammlungen statt. Die GPA rät den betroffenen Beschäftigten, nichts zu unterschreiben. Einvernehmliche Auflösungen des Dienstverhältnisses können oft stark nachteilige Wirkungen für Beschäftigte haben, warnen die Arbeitnehmervertreter. Die Löhne wurden zumindest bis Mai 2023 bezahlt.

Was passiert mit Anzahlungen und Gutscheinen? Kika/Leiner verspricht, dass alle Gutscheine ihre Gültigkeit behalten. Möglich werden soll das, weil der neue Eigentümer über seine Gesellschaften die Haftung dafür übernimmt. Im Rahmen der Insolvenzmasse dürfen Gutscheine allerdings nicht besser gestellt werden als andere Forderungen. Auch Anzahlungen für künftige Lieferungen gehören zu den Forderungen. Allerdings soll im Zuge des Fortführungsplans sichergestellt werden, dass alle offenen Aufträge erfüllt und die geleisteten Anzahlungen zur Gänze angerechnet werden. VN-sca, apa