Dorfläden in Vorarlberg: Die Frage nach dem Kunden

Ob die Nahversorger trotz der Hilfe der Politik eine Zukunft haben, ist schlussendlich eine Entscheidung der Kundschaft.
Hohenems, Partenen In vielen Ortschaften, Parzellen und Weilern ist der Nahversorger der letzte verbliebene soziale Treffpunkt. Hier kann man noch anschreiben lassen, bekommt man eventuell einen Kaffee, erinnert Geschäftsführer Karlheinz Marent vom Verein für dörfliche Lebensqualität und Nahversorgung bei einem Vernetzungstreffen der Nahversorger in Hohenems vergangene Woche.

Die Herausforderungen sind monumental. An sich bräuchte ein Nahversorger ein Einzugsgebiet von 1000 Einwohnern, um finanziell darstellbar zu sein, so die Daumenregel. Jede dritte Gemeinde in Vorarlberg ist jedoch kleiner, von Parzellen ganz zu schweigen. Neun Ortschaften stehen bereits ganz ohne Nahversorger da. Und die Konkurrenz ist stark: Österreich sei mit einer Supermarktdichte von 60 Filialen pro 100.000 Einwohner Europameister, erinnert die Landwirtschaftskammer als Partner der Nahversorger. Dies zeigt auch die Kaufkraftbindung, abgefragt 2018. So haben gerade die Nahversorger in den Hanggemeinden – quasi in Sichtweite zu den großen Lebensmittelhändlern am Taleingang – größte Probleme, ausreichend Kundschaft zu halten. Weniger klagten die Nahversorger tief in den Talschaften, wie etwa in Sonntag.
Landesrat Marco Tittler zu Supermärkten in Vorarlberg LIVE
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Entsprechend spürbar waren bei dem Vernetzungstreffen die Erwartungen an den anwesenden Landesrat Marco Tittler. Schließlich ist die Schaffung neuer Verkaufsflächen bei den Taleingängen auch eine Frage der Raumplanung. Gleichzeitig könnten die meisten Dorfläden mit dem Angebot der Discounter gut mithalten, betont Marent. Gerade mit regionalen Angeboten und einer größeren Auswahl bei den täglichen Bedürfnissen könnten viele punkten. Hier hilft etwa LK-Regionalitätskoordinator Gebhard Flatz bei der Vermittlung zwischen Landwirten und Nahversorgern.

“Für mich trifft da fast gar nichts zu”, ist Peter Knöferl ernüchtert. Mit seinem Dorfladen in Partenen musste er vergangenes Jahr lang kämpfen, bis er mit Adeg wieder einen Zulieferer fand. “Wir können mit dem Rohertrag nicht einmal den Personalaufwand abdecken.” Ansätze wie regionales Angebot und Kundeneinbindung klängen gut, die Umsetzung sei jedoch nicht überall gleich einfach. “Viele haben das Gefühl, auf dem Heimweg von der Arbeit günstiger einkaufen zu können”, bringt er die Herausforderung auf den Punkt. “Wir stecken viele Gratisstunden hinein, versuchen innovativ und kreativ zu sein”, erinnert Knöferl. “Wenn sich dies nicht auszahlt, wie willst das den Jungen erklären, die die Geschäfte übernehmen sollten?” Denn auch Nachwuchssorgen sind für viele Nahversorger akut.
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Arbeitsweg als Konkurrenz
Wichtig sei auch der Rückhalt in Politik und Bevölkerung. Vorarlberg unterstützt als eines der wenigen Bundesländer die Nahversorger finanziell. Die Dorfläden in 50 Gemeinden profitieren davon, auch der Rückhalt durch die Gemeinden sei da. Hinzu kommen laufende Gespräche mit den illwerken vkw. Doch viele Nahversorger betonen auch, dass Anschaffungen wie eine Kühltruhe eine Herausforderung sind. Wie man die Bevölkerung stärker einbinden und in die Dorfläden holen könne, war eine der großen Fragen in Hohenems. Sprich, wie macht man ihnen die eigenen Stärken bewusst?

Ähnliche Sorgen plagen Thomas Lerch aus dem Silbertal. “Die Herausforderung ist riesig, das ist der Bevölkerung oft nicht bewusst”, betont er. So würde er gern eine Prämie an seine Mitarbeiter auszahlen, hat aber das Geld nicht. Denn seitdem das Home Office weniger dominant ist, gehe das Geschäft wieder zurück. Denn auch im Silbertal führt der Heimweg vieler Bewohner an den Discountern am Land draußen vorbei. “Aber wenn es uns dann nicht mehr gibt, ist das Gejammer groß”, warnt Lerch.