„Die Sonderkonjunktur ist vorbei“

Bei Beschlägehersteller Blum folgt nach zwei Jahren Rückenwind nun Umsatzrückgang.
Höchst Es war ein herausforderndes Jahr, sagen Philipp und Martin Blum, Geschäftsführer des gleichnamigen Höchster Beschlägeherstellers. Nach zwei Jahren mit viel Rückenwind, in denen die Menschen verstärkt in neue Möbel und Küchen investierten, sei die Zeit der Sonderkonjunktur nun vorbei.
Verunsicherungen
„Es gibt Gegenwind“, sagt
Philipp Blum anlässlich der Präsentation der aktuellen Zahlen des Wirtschaftsjahres 2022/23. Zudem seien hohe Inflation und Zinsen spürbar, was zur Verunsicherung bei den Konsumenten führe. „Man sorgt sich derzeit eher um eine neue Heizung, denn ums Wohnen. Das hat aktuell nicht die höchste Priorität.“ Zudem gebe es den Lieferstopp nach Russland und die strenge Coronapolitik in China.
Bereits im Herbst wurde die Produktion bei Blum in einigen Bereichen gebremst, weil die Lager voll waren. Für rund 250 Mitarbeiter bedeutete das, in anderen Abteilungen eingesetzt zu werden, eine Ausweitung der Gleitzeitkonten oder die Reduktion von Überstunden und Urlaub. Außerdem wurden keine neuen Mitarbeiter mehr eingestellt. Auf Kurzarbeit oder Kündigungen konnte man damit verzichten.
Das alles spiegle sich im Wirtschaftsjahr (1. Juli 2022 – 30. Juni 2023) wider. Am Ende stand ein Umsatz von 2,324 Milliarden Euro, was einen Rückgang um zwölf Prozent oder 317 Millionen Euro bedeutet. Rückgänge waren vor allem in Europa spürbar. In Nordamerika ging sich ein kleines Plus aus, so Martin Blum. Mit einem Abschwung sei zu rechnen, überraschend war die Geschwindigkeit. „Allerdings ist es immer noch ein hohes Niveau.“
Hohe Kosten
Neben dem Umsatzrückgang habe man auch einen großen Kostenblock zu stemmen. Die Preise für Stahl und weitere Rohstoffe lägen weiterhin über Vor-Corona-Niveau. Dazu kommen die steigenden Personalkosten aufgrund der hohen Lohnabschlüsse. Positiv sei, dass sich zumindest die Versorgungslage stabilisiert habe und die Lieferketten funktionieren.
Die Auftragsrückgänge seien natürlich herausfordernd. „Wir müssen uns aktuell warm anziehen. Aber mittel- bis langfristig sehen wir Wachstumspotenzial“, so Martin Blum.
Deshalb wird auch weiter investiert. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 waren es 390 Millionen Euro weltweit, 255 Millionen davon in Vorarlberg. Insgesamt entstehen in den nächsten Jahren im Land über 52.000 Quadratmeter neue Produktions- und Lagerfläche. Die Erweiterung in Gaißau wird im Sommer fertig, beim Werk 2 in Höchst Ende 2024, beim Werk 4 in Bregenz dann im Jahr 2025. Zudem soll ein neuer Standort im Osten Österreichs entstehen. Wo genau, das stehe noch nicht fest. Eine Inbetriebnahme sei erst in vier bis fünf Jahren denkbar. „Wir halten am Heimathafen Vorarlberg fest, aber hier stoßen wir bezüglich Grundstücken, Fachkräften und Logistikflächen an unsere Grenzen. Das neue Werk 9 wäre daher eine sinnvolle Ergänzung.“
Kein Wachstum erwartet
Für das laufende Wirtschaftsjahr wäre man mit gleichbleibendem Umsatz zufrieden. Vieles hänge von China ab. Aber bei Blum denkt man langfristig. „Es ist aktuell stürmischer geworden, das wird auch noch eine Zeit so bleiben. Es braucht also einen längeren Atem, bis sich das Konsumentenvertrauen und damit die Märkte wieder stabilisieren.“ VN-reh
