Metaller-KV: Das kommt jetzt auf die Betriebe zu

Vorarlberger Betriebsräteversammlung geschlossen für Kampfmaßnahmen der Gewerkschaften.
Götzis, Wien Die jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen – insbesondere jene in der metalltechnischen Industrie – folgen einem gut eingeübten Ritual: Erst geben die Gewerkschaften GPA und Pro-GE ihre Forderungen bekannt – beim nächsten Zusammentreffen tun die Unternehmervertreter das ebenfalls. Und dann beginnt das Ringen in mehreren Verhandlungsrunden. Wenn die Vorstellungen nahe beieinander sind, erfolgt dann nach drei oder vier Verhandlungsrunden ein Abschluss. Sollte kein gemeinsamer Nenner gefunden werden, gibt es von Arbeitnehmerseite zuerst Betriebsversammlungen, dann Warnstreiks und im äußersten Fall Streiks. Die Unternehmer könnten mit Aussperrungen kontern.

Bis zur letzten Eskalationsstufe kommt es in Österreich selten. Doch in den letzten Jahren sind frühe Einigungen selten geworden. Zumindest Betriebsversammlungen wurden immer öfter abgehalten. Doch heuer ist der Unterschied zwischen Gewerkschaftsforderungen und dem, was die Unternehmer bilden, so groß, dass die Stimmung in beiden Lagern brodelt. Die Gewerkschaft will 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt, die Unternehmer wolle 2,5 Prozent bezahlen und dazu eine einmalige Prämie von 1050 Euro. Dass damit ein schneller Abschluss in die Ferne rückt, ist allen Beteiligten klar.
Stimmung geladen
An der Betriebsratsversammlung, zu der GPA und Pro-GE am Freitag nach Götzis ins Veranstaltungszentrum Am Bach lud und an der so viele Betriebsräte wie nie zuvor – nämlich rund 120 – teilnahmen, war die Stimmung geladen. „Schert euch zum Teufel“, sagte Willi Klaus, Hydro-Betriebsratsvorsitzender und Pro-GE-Obmann-Stellvertreter zum Angebot der Arbeitgeber, „dafür finde ich keine Worte“, während Dieter Hofer, Angestelltenbetriebsrat bei Blum und Obmann der Betriebsräte feststellt, dass „jährliche Betriebsversammlungen inzwischen traurige Realität sind“.
In die Vollen gingen dann die Verhandler: Der aus Schruns stammende Chefverhandler der Gewerkschaften, Karl Dürtscher, zerpflückte das Angebot der Arbeitgeber und lehnte es Punkt für Punkt ab. Sind schon die 2,5 Prozent für ihn und die ihm heftig applaudierenden Betriebsräte eine Zumutung, so will er von der Extrazahlung schon gar nichts wissen. „Einmalzahlungen steigern die Inflation“, die Wirkung verpuffe im Moment der Auszahlung, poltert Dürtscher, das wisse man, seit die Regierung dieses ungeeignete Instrument angewendet habe. Während „die Industrie schon im Sommer gejammert“ habe, sei die Lage nicht so schlecht wie angenommen: Man könne Bilanzen lesen. Richtig sei, dass es heuer einen Abschwung gab, doch der sei nur temporär, auch Wirtschaftsforscher, so der GPA-Geschäftsführer, rechneten schon im nächsten Jahr mit einem Aufschwung.
„Keine Bittsteller“
Kompromisse gebe es jedenfalls keine, und bei der Pro-GE seien „ausreichend Mittel jederzeit vorhanden, die Streikkasse ist voll“, verspricht der Bundessekretär der Pro-GE, Christian Rechberger, den Versammelten, der ins selbe Horn blies wie Dürtscher. „Wir kommen nicht als Bittsteller, wir sind Sozialpartner auf Augenhöhe“, verweist Rechberger auf die 200.000 Mitarbeiter in der Branche und warnt auch die Bundesregierung, sich in die Verhandlungen einzumischen. Im Gegenteil: An die Regierung gerichtet fordern die Gewerkschafter „statt Lohnpolitik endlich Industriepolitik zu machen und uns nicht in die Suppe zu spucken“, die liege auch angesichts der großen Herausforderungen wie Klimawandel, Energie und damit zusammenhängend bürokratischen und langwierigen Behördenverfahren im Argen, so Dürtscher.
Die geplanten Maßnahmen – also Betriebsversammlungen zwischen 21. Oktober und 1. November, so bei der Verhandlungsrunde am 20. Oktober kein Ergebnis herauskommt, Warnstreiks und Streiks wurden einstimmig von den Betriebsräten beschlossen – wurden in der Diskussionsrunde weniger diskutiert, sondern der Standpunkt der Gewerkschaft unterstrichen.
Umfrage: Was ist Ihre Meinung zum KV-Angebot der Arbeitgeber?

Das Angebot der Arbeitgeber ist der blanke Hohn. Einmalzahlungen verpuffen ohne weitere Wirkung. Die Kollegen haben sich einen guten Abschluss verdient. Bernd Fortin, Fa. Collini

Ein ordentlicher Abschluss ist wichtig, gerade weil in unserem Betrieb eine Teilzeitregelung für die Mitarbeiter eingeführt wird. Wenn der niedrige Abschluss schlagend würde, ist das auf Dauer negativ. Thomas Jutz, Fa. Elko König
Das sagt die metalltechnische Industrie: „Gewerkschaften müssen Realitäten anerkennen“
Wien Anlässlich der Gewerkschaftsaktionen zu den KV-Verhandlungen der metalltechnischen Industrie hält Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie, fest: „Unsere Branche steckt in der Rezession, viele Betriebe kämpfen um Aufträge und Arbeitsplätze, die globalen Krisen und Kriege bringen Unsicherheit und drücken auf die Stimmung: Diese Realitäten müssen wir in den Verhandlungen berücksichtigen. Mit den alten Rezepten der Vergangenheit werden wir diese Herausforderungen nicht lösen. Unser Angebot, die Kaufkraft zu stärken und gleichzeitig die Überlebensfähigkeit der Betriebe zu sichern, setzt auf Vernunft und ist der Versuch einer kreativen Lösung in diesen schwierigen Zeiten. Daran werden wir ab dem 20. Oktober weiterarbeiten.“

Das zuletzt vom Fachverband vorgelegte KV-Angebot „Arbeit – Sicherheit – Wohlstand“ ist eine integrierte Lösung, bestehend aus zwei Komponenten: einer Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent und einer steuer- und abgabenfreien Einmalzahlung von 75,– Euro/Monat (1.050,– Euro pro Jahr). Das Angebot bedeutet einen Netto-Kaufkraftzuwachs von durchschnittlich sieben Prozent für die Beschäftigten der Branche. Untere Beschäftigungsgruppen würden sogar bis zu neun Prozent mehr netto erhalten. Zusätzlich wurde die Möglichkeit angeboten, Lohnerhöhungen auch in Form von Freizeit zu konsumieren.