Wenig Dynamik und schwacher Lichtblick

Markt / 05.12.2023 • 20:20 Uhr
Ökonom Gerald Walek von der Erste Bank und Sparkasse-Dornbirn-Vorstand Martin Jäger berichten über die schwierige Situation in der Eurozone.VN/SCA
Ökonom Gerald Walek von der Erste Bank und Sparkasse-Dornbirn-Vorstand Martin Jäger berichten über die schwierige Situation in der Eurozone.VN/SCA

Erste-Bank-Ökonom zur aktuellen und mittelfristigen Verfassung von Europas und Österreichs Wirtschaft.

Dornbirn Nach Jahren kontinuierlichen Wachstums und einer halbwegs vorhandenen Stabilität in Europa und der ganzen Welt fällt es heute schwer, auch nur mittelfristig die wirtschaftlichen Entwicklungen, die damit verbundene Inflation und die Zinspolitik der EZB richtig einzuschätzen. Einer der dem sehr nahe kommt, weil die Beobachtung der Märkte und die daraus folgenden Schlüsse sein Thema sind: Gerald Walek ist Economist Eurozone der Erste Group Bank AG Research. Walek besuchte vor kurzem die Dornbirner Sparkasse, die wiederum ihre Kunden in Präsenz wie digital zum Ausblick auf die Entwicklung der Wirtschaft einlud.

„Schwache Dynamik“

Walek und Martin Jäger, Vorstand der Dornbirner Sparkasse sowie Sprecher der Vorarlberger Sparkassen, berichten bei ihrem Besuch in der VN-Redaktion über die aktuelle Situation und Prognosen für das kommende Jahr. „Die Dynamik ist anhaltend schwach, derzeit müssen viele Firmen immer noch ihre Lager, die sie wegen der Lieferengpässe schaffen mussten, abbauen.“ Mehr Tempo gebe es erst wieder, wenn diese Bestände weg seien, so Walek, der allerdings auch feststellt, dass nach den produzierenden Betrieben jetzt auch der Dienstleistungssektor mit weniger Nachfrage zu kämpfen habe. Eine Abflachung der Kaufkraft sei auch in der Eurozone festzustellen, eine weitere Herausforderung seien Lohnanstiege auf hohem Niveau.

Globale Entwicklung beobachten

Gerade die Lage in Deutschland werden auch die Nachbarländer – und damit Österreich, deren wichtigster wirtschaftlicher Partner die Deutschen sind – zu spüren bekommen. Doch auch global gelte es, die Entwicklungen mit Bezug auf Deutschland im Auge zu behalten: „Deutsche Autos sind weniger gefragt, gerade verändert sich der chinesische Markt, auch die USA als großer Absatzmarkt zwingen Deutschland wegen der mittelfristig niedrigeren Wachstumsrate umzudenken.“

Immerhin: Für das kommende Jahr sieht Walek einen leichten Konjunkturaufschwung in Österreich und der Eurozone. Der Ökonom und der Sparkassen-Banker Jäger gehen davon aus, dass die Notenbanken nach dem rasanten Zinsanstieg, der heuer zu erleben war, die Leitzinsen zumindest in kleinen Schritten wieder senken.

Zu rechnen sei damit, dass es wegen des Einbruchs im Wohnbau – die Kredite gingen um zwei Drittel zurück – auch bei KMU im Bauhilfsgewerbe zu Rückgängen komme. „Große Unternehmen sind die einzigen, die derzeit noch investieren“, so Jäger, der auch die nächste große Herausforderung für die Wirtschaft, die ESG-Regeln (Environmental Social Governance – also die verpflichtende Evaluierung der Firmen in Sachen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) der EU, anspricht, die für die gesamte Wirtschaft verpflichtend werden. Chancen gibt es in schwierigen Zeiten aber auch: Innovation sei jetzt wichtig, da gebe es auch großes Potenzial. Und auch in der Green Technology gibt es Dynamik aufgrund des Klimawandels, die es zu nützen gelte: für Firmen und für Anleger. VN-sca