Warum sich die Vorarlberger Wirtschaft nicht zurücklehnen darf

Mit Forschungsstrategie und Kooperativer Forschung sollen der Standort die bislang gute Position halten oder ausbauen.
Bregenz, Dornbirn 277 Patente haben Vorarlberger Firmen im vergangenen Jahr beim Europäischen Patentamt angemeldet. Gemessen an der Bevölkerungszahl lässt Vorarlberg damit Österreich, das im europäischen Ranking mit 264 Anmeldungen pro Million Einwohner auf Rang sieben liegt, deutlich hinter sich. Die Patente sind zwar ein Indikator für Innovation, doch es gibt zusätzlich noch eine Dunkelziffer, denn nicht alles was innoviert wird, wird auch patentiert. Viele Firmen behalten die Idee also für sich.
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Die Wirtschaftsstandortgesellschaft WISTO bietet diesen Betrieben eine Schutzrechtsberatung an, bei der sich Erfinder kostenlos darüber informieren können, wie ihr geistiges Eigentum auch Eigentum bleibt, berichtet Jimmy Heinzl, Geschäftsführer der WISTO anlässlich der Präsentation des Vorarlberger Innovationsberichtes 2024, der insgesamt eine hohe Bereitschaft zu Forschung und Entwicklung festgestellt hat. Allerdings: Nur zirka 300 Firmen, so Wirtschaftslandesrat Marco Tittler, betreiben systematisch F&E, bzw. haben dafür auch Personal. Um sich ein Bild zu verschaffen, wurden 220 Firmen eingeladen die Fragen zu beantworten, schlussendlich sind es 70 Firmen, auf deren Angaben der Bericht beruht.
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Diese aber sind sehr aktiv: 92 Prozent betreiben F&E und bezeichnen zu 82 Prozent, dass die Innovationsfähigkeit für den Großteil der Schlüssel für den Unternehmenserfolg sei, so sie nicht eingeschränkt werden. Die Ursache für die “Erfinderbremse” ist in 48 Prozent das fehlende Fachpersonal, zu 20 Prozent die generelle Marktentwicklung. Immer öfter wird gemeinsam mit anderen Firmen geforscht, vor allem weil die Aufgabe immer komplexer werden und viele Firmen dafür inhouse nicht ausgestattet sind. „Die intensive Kooperation zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und der Wirtschaft spielt bei Innovationen eine entscheidende Rolle“, so Tittler. und verweist auf die substanzielle Erweiterung der FHV, die voll im Gange ist sowie der Aufbau der Digital Factory Vorarlberg, die sich mit Zukunftsthemen wie KI, digitale Modellfabrik und Cybersecurity beschäftigt. Mit dem neuen Institut für Computer Science der Hochschule St. Gallen in Vorarlberg, rücke die Digitalisierung noch stärker in den Fokus. Allerdings seien die Firmen jetzt gefordert sich auch einzubringen, so der Landesrat.

Wirtschaftskammer-Präsident Wilfried Hopfner sieht im Innovationbericht auch die Möglichkeit, Schwachpunkte zu definieren und zu bekämpfen – etwa den Mangel an Fachkräften und die Notwendigkeit, den Zugang zu Fördermitteln für Unternehmen zu erleichtern. “Gerade Mittel aus der EU werden noch zu wenig in Anspruch genommen”. Diese Förderungen zu heben, ist Ziel der WISTO, die Unternehmen dabei unterstützt, Anträge so zu stellen, dass sie auch erfolgreich sind. Erfolgreich ist auch die Zusammenarbeit mit der FFG: 27,4 Millionen Euro schoss die Forschungsförderungsgesellschaft 2022 Projekten in Vorarlberg zu, im vergangenen Jahr waren es bereits 47,5 Millionen Euro. Mittel jedenfalls, die deshalb wichtig sind, weil jetzt “nicht die Zeit ist, sich zurückzulehnen und abzuwarten”, wie Hopfner mit Blick auf den derzeit rasenden Wandel in der Wirtschaft feststellt und darauf hinweist, dass nur Innovation den erarbeiteten Wohlstand auch erhalte.
Forschungsstrategie
Damit im Land nicht unnütz herumgeforscht wird oder man Sachen entwickelt, die nicht gebraucht werden, erfolgt derzeit ein breit angelegter Prozess zur Erstellung der neuen Forschungsstrategie „Forschung Vorarlberg 2035“. Die Strategie soll sowohl als Grundlage für die Gestaltung der Wissenschafts- und Forschungspolitik Vorarlbergs als auch als konzeptioneller Handlungsrahmen für die kommenden Jahre fungieren, informiert der Wirtschaftslandesrat über weitere Pläne.
Und wer kurzfristig eintauchen will in die Innovationsszene bzw. auf der Suche nach Institutionen oder Partner für die eigenen Projekte ist, der ist heute, 21. März von 8.30–17 Uhr im Festspielhaus Bregenz richtig. Dort findet die dritte Innovations- und Technologiebörse ITB statt. Ab 8 Uhr kann man sich für die Innovationsbörse noch nmelden und eintauchen, so WISTO-Geschäftsführer Jimmy Heinzl.
FTI Monitoring
Das FTI-Monitoring (Forschung, Technologie, Innovation) umfasst folgende Vorarlberger Forschungseinrichtungen: FHV – Vorarlberg Universitiy of Applied Sciences, Digital Factory Vorarlberg, V-Research, Forschungsinsitut für Textilchemie und Textilphysik (mit TCCV), VIVIT – Vorarlberg Institute of Vascular Investigation and Treatment. Das kumulierte Forschungsvolumen der Forschungseinrichtungen (exkl. VIVIT) lag im Jahr 2023 bei elf Millionen Euro. Etwas mehr als 60 Prozent davon sind erfolgreich eingeworbene Drittmittel. 107 Vollzeitäquivalente (das sind 154 Beschäftige) sind in der Forschung und Entwicklung in diesen Einrichtungen tätig. In etwa 104 Forschungsprojekten wird derzeit an Forschungsfragen und Innovationen gearbeitet.