Reinold Geiger: So wurde der Dornbirner zum Kosmetik-Milliardär

L‘ Occitane-Hauptaktionär will übrige Aktionäre auszahlen. Doch wie wurde der Vorarlberger zum Kosmetik-Milliardär?
Paris, Dornbirn Dass der Dornbirner Reinold Geiger einmal in der Kosmetikbranche reüssieren würde, war auf keinen Fall vorherzusehen. Denn sein Interesse ging in eine ganz andere Richtung. Der heute 76-Jährige absolvierte das Maschinenbau-Studium an der ETH Zürich und das Masterstudium an der weltberühmten Insead Business School im französischen Fontainebleau. Was sich schon damals zeigte: Geiger zog es in die weite Welt und derzeit sorgt er sowohl in der Finanz- wie in der Kosmetikbranche für Aufsehen. Der Hauptaktionär des Konzerns L’Occitane (72,56 Prozent) will das Unternehmen komplett übernehmen und von der Börse nehmen.
Drang in die Fremde
Schon früh spürte er den Drang in die Fremde, der wurde Geiger vom Vater eingepflanzt: „Mein Vater war Tischler und hat mir immer begeistert von seinen Jahren auf der Walz erzählt. Ich machte mich nach meinem Studium auch auf meine Wanderjahre. Ich wollte nach New York, nach London, Paris und Rio de Janeiro. Per Zufall bin ich in Paris geblieben, habe geheiratet und meine erste Firma aufgebaut.“ Ab 1978 baute der Vorarlberger in Paris eine Verpackungsfirma auf, die AMS Packaging Company. Dort schnupperte er auch erstmals in die Schönheitsbranche, er spezialisierte sich nämlich auf die Herstellung von Kosmetikverpackungen.

In seinem Business lernte er die kleine Firma L’Occitane und deren Gründer Olivier Baussan kennen. Der Franzose hatte die Vision, die Produkte der Provence in Kosmetika zu verwenden. „So viel Natur wie möglich“, lautete seine Devise, die viel Potenzial hatte, die allerdings nur bei einer viel zu kleinen Konsumentengruppe verfing. Auch, weil die Naturkosmetikszene Berührungsängste mit der Marktwirtschaft pflegte. Kurz und gut, die kleine Firma trat auf der Stelle. Er habe sich dennoch für die Produkte interessiert und war davon überzeugt, dass die Firma internationale Entwicklungsmöglichkeiten habe, sagt der Dornbirner über die wahrscheinlich beste, vor allem aber lukrativste Entscheidung seines Lebens.

Sprung ins kalte Wasser
Seine Verpackungsfirma hatte er um gutes Geld verkauft, deshalb schaute er sich nach einer guten Geschäftsidee um, in die er einsteigen könnte. Er wagte 1987 den Sprung ins kalte Wasser. Als er 1995 schließlich die Mehrheit an L’Occitane übernahm, machte das Unternehmen einen Umsatz von acht Millionen Euro und beschäftigte 60 Mitarbeiter. Das Geschäft entwickelte sich aber noch immer nicht so, wie er sich das vorstellte. Die Firma drohte zu scheitern, wenn nicht etwas passierte.

Operative Geschäftsleitung
Das war der Startschuss für Geiger, selbst die Zügel in die Hand zu nehmen. „Ich wollte meine Pleite zumindest selbst verantworten“, begründet er seinen Einstieg ins operative Geschäft. Damit begann die Transformation zum Global Player. Glück und die Tatsache, dass man statt moderner Managementmethoden einfach darauf fokussiert war, „ein Problem nach dem anderen zu lösen“, haben aus der Fast-Pleite eine beispiellose Erfolgsgeschichte gemacht. Dabei spielte ihm das veränderte Konsumentenbewusstsein in die Hände.

Bis 2010, als L’Occitane an die Hongkonger Börse ging, wurde aus der Firma ein internationales Unternehmen mit knapp 4000 Mitarbeitern. Heute sind es rund 9200 Mitarbeiter, die in Produktionsbetrieben und in den über 3400 eigenen Boutiquen in über 90 Ländern arbeiten. Jetzt will Geiger die Kosmetikkette von der Börse Hongkong nehmen:: „Die Kosmetikbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel und unser Unternehmen hat sich deutlich zu einem geografisch ausgewogenen Mehrmarkenkonzern entwickelt. Die Transaktion wird es uns ermöglichen, uns darauf zu konzentrieren, die Grundlage für das langfristig nachhaltige Wachstum neu zu schaffen.“

Der Milliardär bietet 34 Hongkong-Dollar (4,34 Euro) pro Aktie, ein Aufschlag von 61 Prozent gegenüber dem 60-Tage-Kursdurchschnitt vor Bekanntwerden des Buyouts. Der Netto-Umsatz betrug im Geschäftsjahr 2022/23 2,14 Milliarden Euro. Geigers Vermögen wird von Forbes aktuell auf 2,9 Milliarden Euro taxiert.
