Firmenpleiten im Land: Passiva steigen um 220 Prozent!

So viele Großinsolvenzen in Vorarlberg wie noch nie im ersten Halbjahr. Dadurch steigen die Passiva massiv.
Feldkirch Nach dem starken Rückgang der Insolvenzen in der Coronazeit haben sich die Zahlen gedreht, wie Fachleute erwarteten und wie die leider traurigen Zahlen zeigen. Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung wurden im ersten Halbjahr 2024 in Vorarlberg 93 (+ 82,4 Prozent gegenüber 2023) Unternehmen insolvent. Besonders betroffen sind die Bauwirtschaft, der Handel und die Beherbergung bzw. Gastronomie. So wie das erste Halbjahr endet, ist auch der Ausblick: Die aktuelle Insolvenzdynamik mit kontinuierlich steigenden Fallzahlen werden bleiben, Bis zum Jahresende seien zumindest 140 Firmenpleiten in Vorarlberg realistisch, so der Kreditschutzverband 1870.

Im ersten Halbjahr haben aber nicht nur die Insolvenzen, sondern auch die Schäden für die Gläubiger deutlich zugenommen. Sie fordern in Summe rund 80 Millionen Euro von den Pleitefirmen. Dieser Anstieg um 220 Prozent ist im Wesentlichen durch drei Millionenpleiten im ersten Halbjahr 2024 entstanden. Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung der Firma König GmbH & Co KG mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 21 Mill. Euro, das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Immobilienentwicklers Inside96 GmbH mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15 Millionen Euro. sowie das Konkursverfahren des Altacher Unternehmens Fleco Metallbau GmbH mit Verbindlichkeiten von rund 10 Millionen machen fast die Hälfte der Gesamtpassiva in Vorarlberg aus.

Die sich nach wie vor eintrübende Geschäftslage in vielen Branchen, damit verbunden sinkende Umsätze und fehlende Aufträge, haben zuletzt dazu geführt, dass sich das Insolvenzaufkommen innerhalb des ersten Halbjahres 2024 deutlich erhöht hat. „Der wirtschaftliche Druck steigt weiter, so Regina Nesensohn, Standortleiter von KSV 1870 in Feldkirch, und Vorarlbergs Unternehmen müssen um jeden Euro kämpfen. „Für immer mehr Betriebe spitzt sich die Lage zu.“ Nesensohn geht davon aus, dass sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auch in den nächsten sechs Monaten weiter steigern.
Die Insolvenztreiber
Wie die Hochrechnung zeigt, gibt es in Vorarlberg seit Jahresbeginn in der Bauwirtschaft mit 18 Fällen (+ 12 Fälle) die meisten Firmenpleiten. Knapp dahinter folgen der Handel sowie Firmen für Instandhaltung und Reparatur von Kfz mit 16 Fällen (+ 4 Fälle) und mit zehn Fällen (- 4 Fälle) die Beherbergung/Gastronomie. Diese drei Branchen geben in der Insolvenzstatistik seit vielen Jahren „den Ton an“ Besonders energieintensive Branchen leiden unter den hohen Kosten für Strom, Gas und Co.
Gegen den generellen Trend hat sich zuletzt hingegen der Anteil an mangels Vermögen nicht eröffneten Fällen etwas verkleinert. Zum Halbjahr verzeichnet Vorarlberg 33 mangels Kostendeckung nicht eröffnete Verfahren, was einem Rückgang von 21,4 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres entspricht.
Privatschulden steigen
Laut der Hochrechnung des KSV wurden im ersten Halbjahr 2024 in Vorarlberg außerdem 242 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren gezählt. Das sind um 1,7 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Während die Zahl der Privatkonkurse insgesamt konstant geblieben ist, haben sich parallel dazu die Passiva um 23,5 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 21 Mill. Euro erhöht. Dadurch ist auch die durchschnittliche Verschuldung pro Schuldner gestiegen – und zwar von 70.000 Euro auf 87.000 Euro.
„Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich Privatkonkurse immer mit einer gewissen Verzögerung im Vergleich zu den Firmenpleiten einstellen. Anfangs leben die Menschen von ihren Ersparnissen und können ihren Konsum, soweit es möglich ist, auf ein Minimum reduzieren. Wenn die finanziellen Reserven aufgebraucht sind, reichen auch persönliche Einschränkungen mitunter nicht mehr aus“, erklärt Nesensohn.