Politiker, Industrieller, Visionär: Hannes Androsch verstorben

Hannes Androsch prägte Politik und Wirtschaft in Österreich: Zu Vorarlberg hatte der beliebte und scharf analysierende langjährige VN-Kommentator ein ganz besonderes Verhältnis.
Wien, Schwarzach Der ehemalige österreichische Vizekanzler, Finanzminister und Industrielle Hannes Androsch ist am Mittwoch überraschend im Alter von 86 Jahren gestorben. Der Politiker und Unternehmer prägte bis zu seinem Tod über seine politische Tätigkeit von 1967 bis 1981 als Abgeordneter zum Nationalrat und von 1970 bis 1981 als damals jüngster österreichischer Finanzminister und Vizekanzler hinaus die Politik und Wirtschaft in Österreich. Nach seinem Zerwürfnis mit Bundeskanzler Bruno Kreisky war er zuerst als Generaldirektor der Creditanstalt tätig, um anschließend und bis zu seinem Ableben als Unternehmer in verschiedenen Branchen und international erfolgreich zu sein.

Ein Freund Vorarlbergs
Zu Vorarlberg hatte der Wiener SPÖ-Politiker und trotz der unterschiedlichen politischen Verhältnisse immer ein ganz besondere Beziehung. Begonnen hat es wohl, als der junge Androsch zusammen mit anderen Kindern 1946 im Rahmen der Kinderlandverschickung für eine Weile in den Bregenzerwald kam, wo er bei der Andelsbucher Familie Felder aufgenommen wurde, als Hüterbub und beim Heumachen eingesetzt wurde, und auch zur Schule ging. Mit seinen Andelsbucher Freunden aus dieser Zeit hielt Androsch über all die Jahrzehnte engen Kontakt. Auch in Lech war Androsch jahrzehntelang Stammgast und fühlte sich bei Familie Elmar und Aloisia Walch im Hotel Angela zuhause. Dort empfing er regelmäßig Freunde und Politiker aus dem Land. Auch mit VN-Redakteuren, angeführt vom langjährigen Chefredakteur Prof. Franz Ortner, diskutierte er stunden- wenn nicht nächtelang aktuelle politische Fragen auf internationaler Ebene, aber auch lokale Anliegen. Seinem Engagement ist es wesentlich zu verdanken, dass der Arlbergtunnel realisiert wurde. Zusammen mit den Vorarlberger Nachrichten gehörte er 1984 als CA-Generaldirektor auch zu den Initianten des Vorarlberger Wirtschaftsforums, bei dem er mehrmals als Referent auf der Bühne stand. Vor wenigen Tagen, am 30. November erschien auch sein letzter Kommentar in den VN.

VN-Kommentator
Über sehr viele Jahre währte diese Zusammenarbeit. Seine klugen Analysen, seine Vorschläge zu wichtigen politischen und wirtschaftlichen Belangen waren bei den VN-Lesern und Vorarlberger Meinungsbildnern über die Parteigrenzen hinweg geschätzt. Seine Stimme wird nicht nur in Vorarlberg fehlen. Das zeigt die Betroffenheit der österreichischen Politik, welche am Mittwochabend ebenfalls parteiübergreifend vom Bundespräsidenten Alexander van der Bellen und Politikern aller Coleurs veröffentlicht wurden.
Bildung und Forschung
Bis zuletzt kämpfte Hannes Androsch für eine Bildungsreform in Österreich, für Forschung und die Rahmenbedingungen für eine gedeihliche und allen zugute kommende Wirtschaftspolitik. Er war und blieb ein lautstarker Kritiker der heimischen Politik – unabhängig von Parteifarben. Er war Präsident des Vereines „Bildungsinitiative für die Zukunft“, Vorsitzender des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung Österreichs, des Austrian Institute of Technology.

Die Vorarlberger Nachrichten trauern um Hannes Androsch, einen “Kollegen”, einen Freund Vorarlbergs und einen Kommentator, der ohne Parteilichkeit und mit scharfem Verstand die Zeitläufte analysierte.