“Keine Spur von Krise” – wieso beliebtes Modehaus in Egg trotzdem zusperrt
Mit wirtschaftlichen Gründen hat die Schließung des bei Kunden aus dem gesamten Bodenseeraums beliebten Modehauses nichts zu tun. Das vor 26 Jahren eröffnete Geschäft hat andere Gründe für das Aus.
Egg, Au „Wir schließen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Marlies, die seit 26 Jahren Kunden in einem der beliebtesten Modehäuser im Bregenzerwald, bei Gorbach in Egg, berät. Sie geht ebenso wie ihre Kolleginnen Herlinde und die Schwestern Veronika und Gabriele aus der Eigentümerfamilie in Pension. Daher das lachende Auge. Das weinende Auge bezieht sich auf die oft sehr emotionalen Abschiede der vier Frauen von ihren Stammkundinnen und -kunden, die nicht nur aus dem Wald, sondern aus dem gesamten Bodenseeraum kommen. Seit sie mit einem Brief über das nahende Aus des Geschäfts informiert wurden, nutzen viele der Kunden die verbleibende Zeit für einen Besuch. Und haben die vier Frauen mit Sekt und Blumen und kleinen Geschenken überrascht, die sich darüber sehr gefreut haben.
Abschied mit Herz
„Mein Herz tut weh“, sagt Isolde, die seit Jahrzehnten in Egg einkauft. „Die Beratung war immer sehr gut. Wenn ich was gekauft habe, hat das auch gepasst. Schade, dass sie zusperren“, streut sie den vier Fachverkäuferinnen Rosen und zerdrückt eine kleine Träne. Nun besuchte sie das Geschäft, das so oft ihr Ziel war, nochmals, um Abschied zu nehmen und sich das eine oder andere Kleidungsstück noch zu sichern, vor endgültig aus ist.
Ab heute, Freitag, wird zu Preisen bis minus 70 Prozent abverkauft, was noch da ist. Der Andrang ist beim Besuch des Unternehmens für einen Wochentag groß – Kunden und Beraterinnen sind miteinander vertraut, man wisse meist, in welche modische Richtung es gehe. „Wir haben fast nur Stammkunden“, erzählen Veronika und Marlies, die an diesem Tag „Dienst“ haben, stolz und ein bißchen Wehmut. „Wir sind abwechselnd immer zu zweit im Geschäft“. Das wird wohl auch die nächsten Tage und Wochen so sein, bis alles abverkauft ist.
“Immer positive Zahlen”
Von Einzelhandelskrise kann bei Gorbach in Egg aber keine Rede sein: „Wir hören nicht auf, weil das Geschäft nicht läuft“, stellt Firmenchef Gebhard Gorbach klar, „wir haben seit Eröffnung vor 26 Jahren immer positive Zahlen geschrieben.“ Aber man habe sich im Familienbetrieb zum Schlussstrich entschlossen, da alle vier Mitarbeiterinnen in Pension gehen und eigentlich schon im Ruhestand sein könnten. „Es ist insgesamt schwierig gute Mitarbeiter zu bekommen. Aber ich bin überzeugt, es wäre auch nicht mehr dasselbe ohne unserem bewährten“, ist sich Gorbach sicher. Das Hauptgeschäft der Familie in Au ist von der Schließung in Egg nicht betroffen. „In Au haben wir Sport und Mode, also eher Sportmode, aber das in einer großer Auswahl“, informiert er.
Die Auswahl in Egg hat indes Gerhard Steurer an diesem Nachmittag im Auge. Er besucht das Geschäft mit seiner Frau und begutachtet die schon weniger gewordene Ware. Dass er etwas kauft, ist für ihn keine Frage. „Ich habe immer etwas gefunden, wenn ich hier war“, berichtet er, deshalb habe er auch regelmäßig bei Gorbach eingekauft. In Zukunft werde er sein Outfit weiter im Bregenzerwald kaufen. „Wir haben gute Modegeschäfte“, lobt er den Fachhandel im Wald.
Gebhard Gorbach betont, was die Erfolgsfaktoren des Geschäfts, das spätestens Ende April – „wenn wir keine Ware mehr haben schon früher“ – endgültig zusperrt. Das sei die gute Beratung, die viele Kunden zu schätzen wussten, und die gute Auswahl der Ware und der Marken, die ein breites Spektrum abdecke. Für ihn sei es jetzt aber Zeit danke zu sagen an Herlinde, Marlies, Veronika und Gabriele und nicht zu vergessen an den Eigentümer des Gebäudes, Wolfgang Troy, der nun allerdings eine Nachmieterin bzw. ein Nachmieter für das verkehrsgünstig gelegene Geschäft finden muss.
