Gerhard Fehr: “Wir brauchen Hoffnung, keine Schönfärberei”

Die VN fragen den angewandten Verhaltensökonomen Gerhard Fehr: Drei Fragen, drei Antworten dazu, wie schlechte Stimmung, und schwache Wirtschaft zusammenhängen.
Geht’s uns wirklich so schlecht – oder reden wir es uns nur ein?
Wenn man mit Leuten spricht, hört man oft: “Alles wird schlimmer.” Die Wirtschaft schwächelt, die Preise steigen, und viele fühlen sich verunsichert. Aber die Zahlen zeigen nicht immer eine Katastrophe. Warum also die schlechte Laune? Weil wir negative Nachrichten stärker wahrnehmen als positive. Ein Arbeitsplatzverlust im Bekanntenkreis bleibt länger im Kopf als ein gutes Wirtschaftswachstum im Statistikamt. Und wir vergleichen oft mit der Vergangenheit – die wirkt im Rückblick besser, sicherer. So entsteht ein Gefühl, dass alles den Bach runtergeht – auch wenn’s objektiv nicht so schlimm ist.
Was macht eine schlechte Stimmung mit unserer Wirtschaft?
Mehr, als man denkt. Wenn die Menschen schlecht drauf sind, kaufen sie weniger ein, buchen keine Urlaube, verzichten auf das neue Sofa. Firmen investieren nicht, weil sie glauben, die Nachfrage bleibt schwach. Junge Leute wechseln nicht den Job – aus Angst, es könnte schiefgehen. Diese Zurückhaltung wirkt wie eine Bremse. Das hat schon der Ökonom Keynes erkannt: Schlechte Laune kann die Wirtschaft nach unten ziehen – selbst wenn Geld da wäre. Der Pessimismus wirkt wie ein Virus, der das ganze System infiziert.
Was hilft uns, wieder Zuversicht zu fassen – trotz Krise?
Wir brauchen Hoffnung, keine Schönfärberei. Wichtig ist, dass Politik und Medien ehrlich sagen, was schwierig ist – aber auch zeigen, was gut läuft. In Vorarlberg gibt es viele Betriebe, die trotzdem ausbilden oder neue Ideen ausprobieren. Wenn man diese Geschichten sichtbar macht, ändert sich etwas. Auch im Kleinen: ein funktionierendes Miteinander im Ort, ehrliche Gespräche, Gemeinschaft. Studien zeigen: Wer eingebunden ist, ist auch krisenfester. Vertrauen entsteht dort, wo Menschen sich gesehen und gehört fühlen – nicht durch Zahlen allein.