“Vollzeitwohlstand ist nicht mit Teilzeitarbeit zu finanzieren”

Bregenzer Manager spricht Klartext – über seine Branche, über Förderungen und die Deindustrialisierung: “Wir haben mehrere Brandherde, doch ich erkenne nicht, dass die Regierung eingreift”.
Schwarzach, Knittelfeld Das vergangene Jahr war für den CEO der Austria Email AG, den Bregenzer Martin Hagleitner, nicht einfach. Der Jahresumsatz verringerte sich – nach acht Jahren mit kontinuierlichen Umsatzsteigerungen – von 128,5 Mio. Euro 2023 um 28,7 Prozent auf 91,7 Mio. Euro 2024. Geschafft wurde durch Einsparungen – auch durch den Abbau von 70 Leasingmitarbeitern und 25 Mitarbeitenden – Betriebsergebnis von rund 4 Millionen Euro.
Ein toxischer Mix aus einem kompletten Einbruch der Nachfrage, zu großen Lagern, der Krise am Bau und politischen Entscheidungen machte es der Branche schwer. Vor allem in Deutschland brach der Markt um 50 Prozent ein. Immerhin sei jetzt zumindest eine leichte Erholung festzustellen, so Hagleitner. Obwohl gerade das Geschäft mit Wärme- und Heizungsspeichern förderungsgetrieben ist, sieht er Förderungen kritisch, fordert eine Reduktion, mehr Zielsicherheit und steuerliche Anreize.
Industriestandort in Gefahr
Hagleitner sieht aber nicht die Branche in Gefahr, er sieht den Industriestandort Österreich wanken. “Die Deindustrialisierung ist nicht ein Schreckensbild, sie ist Realität”, verweist Hagleitner auf den Abbau von Mitarbeitern und große Insolvenzen. “Während in der Industrie Arbeitsplätze verloren gehen, sehe ich in der Verwaltung und im Staat keine Einschränkung, im Gegenteil”, weist er darauf hin, dass der Beamtenapparat weiter wächst.
“Österreich hat es geschafft, Schlusslicht im Standortvergleich zu werden”, hohe Lohnkosten, eine Abgabenquote von 45 Prozent, hohe Energiepreise, Regulierung und Belastung auf höchstem Niveau seien dafür verantwortlich. Doch es sei für ihn nicht ersichtlich, dass die Regierung endlich etwas tun wolle. “Sie kommt aus den ideologischen Gräben nicht heraus”, stellt er fest und sieht auch die Wirtschaftspartei ÖVP in der Pflicht, ebenso die Sozialpartner, “die es geschafft haben, dass nun statt Produkten Arbeitsplätze exportiert werden”. Und auch die Bundesländer hätten ihren Teil beizutragen, um den Standort zu stabilisieren. “Jetzt müssen alle an einen Tisch und es muss schnell etwas geschehen”.
Reinen Wein einschenken
Man müsse auch den Bürgern reinen Wein einschenken: “Einen Vollzeitwohlstand können wir nicht mit Teilzeitarbeit finanzieren”, wer wolle, dass das Land weiterhin eine soziale wie gesellschaftliche Sicherung gewährleiste, müsse mit anpacken, fordert er einen Ruck, der durch das Land gehen müsse.
Zur Person
Martin Hagleitner
CEO Austria Email, Konzernleitung Groupe Atlantic DACH-Region
Geboren 24. September 1966
Ausbildung Studium Rechtswissenschaften, Doktorat Europäisches Wirtschafts- und Kartellrecht
Laufbahn Attaché für Europäische Integration, Botschaft Athen; Außenministerium; Rechtsanwaltskanzleien Wien, Brüssel, Vaduz; Booz Allen Hamilton London – München -Wien; Malik Management Zentrum St. Gallen Geschäftsführer Österreich; Austria Email CEO, Groupe Atlantic Konzernleitung DACH, verschiedene Aufsichtsratsmandate.
Familie 2 Kinder