Volatilität – warum Schwankungen mehr sagen als Renditen

Karl-Heinz Strube (Hypo Vorarlberg) über Volatilität und Risiko im Wertpapierhandel
Bregenz Wer eine Geldanlage beurteilt, schaut meist zuerst auf die erzielte Rendite. Doch diese Zahl allein ist nur die halbe Wahrheit. Mindestens genauso wichtig ist die Frage: Wie stabil oder schwankungsanfällig war der Weg dorthin? Denn genau hier setzt die historische Volatilität an – eine Kennzahl, die misst, wie stark ein Wertpapier in der Vergangenheit um seinen Durchschnitt geschwankt hat. Sie ist gewissermaßen der Pulsschlag eines Investments.
Eine hohe Volatilität bedeutet nicht automatisch Risiko – aber sie steht für Unsicherheit. Ein Aktienkurs, der innerhalb eines Jahres zwischen minus 30 und plus 40 Prozent pendelt, verlangt einem Anleger deutlich mehr Gelassenheit ab als ein Wertpapier, das gleichmäßig um fünf Prozent zulegt. Wer vor einer Investition die historische Volatilität betrachtet, gewinnt ein Gespür dafür, ob eine Anlage zur eigenen Risikotoleranz passt. Denn die beste Strategie ist nutzlos, wenn man sie beim ersten Kursrückgang wieder über Bord wirft.
Gerade in Zeiten niedriger Zinsen und zunehmender geopolitischer Spannungen ist Volatilität mehr denn je zur Begleitmusik der Kapitalmärkte geworden. Sie sollte nicht gefürchtet, sondern verstanden werden. Professionelle Investoren nutzen sie gezielt, um Portfolios zu diversifizieren oder Einstiegszeitpunkte festzulegen. Privatanleger hingegen ignorieren sie oft und tappen damit blind in emotionale Fehlentscheidungen.
Mein Plädoyer? Renditechancen: Ja, aber nur im Kontext ihrer Schwankungsbreite. Wer diesen Blick auf Volatilität einmal verinnerlicht und konsequent über sein gesamtes Portfolio spannt, hebt sein Risikomanagement auf das Niveau eines Investmentprofis, was langfristig für mehr Gelassenheit in der Veranlagung sorgen kann.