Wirtschaftsforum: “Deutschland steht an einem Wendepunkt”

Markt / HEUTE • 10:24 Uhr
42. Vorarlberger Wirtschaftsforum 2025, Festspielhaus Bregenz

Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes kennt die Möglichkeiten, aus der Situation herauszukommen.

Bregenz Sebastian Matthes hat als Chefredakteur des Handelsblatts eine klare Haltung. “Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise, erlebt die längste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg und steht gerade an einem Wendepunkt.” Die strukturelle Industriekrise habe nicht erst mit der Corona-Krise, sondern bereits 2018 begonnen. Hier habe Deutschland den Bezug zur Zukunft verloren.

Wirtschaftsforum: "Deutschland steht an einem Wendepunkt"

Man müsse sich die Wachstumsfrage stellen. “Wachstum kommt aus einer sinnvollen Technologiepolitik”, ist der Chefredakteur überzeugt. Die gute Nachricht ist aber: “Es gibt auch Möglichkeiten, aus der Situation herauszukommen. Wir können von anderen Ländern und Regionen lernen. Dass beispielsweise Boston das wichtigste Biotech-Pflaster weltweit werden konnte, war eine politische Entscheidung. Wer verstehen will, wie der Mobilfunk der Zukunft und eine digitalisierte Gesellschaft aussehen, muss nach Shenzhen.”

42. Vorarlberger Wirtschaftsforum 2025, Festspielhaus Bregenz

Cluster schaffen

Man könne das auch in Europa. Die Antwort könne nicht sein, ein eigenes OpenAI zu bauen, sondern Ökosysteme. “In Paris sieht man Cluster in den Bereichen KI, Biotech oder Greentech. Darin liegen richtige Chancen. Die Zukunft entsteht in Technologie-Clustern.” Dazu brauche es nicht nur Kapital, Unternehmertum und Forschung, sondern auch den Willen des Staates zu investieren. Matthes nennt auch das Beispiel München, mittlerweile ein Cluster für Raumfahrt und Deeptech. “Zwei Drittel des gesamten Risikokapitals in Deutschland fließen mittlerweile dorthin. Es kann aus einer kleinen Idee ein riesiges Ökosystem entstehen. Firmen wie Isar Aerospace haben ein riesengroßes Potenzial.”

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Auch die Verteidigungsindustrie wird zum Innovationstreiber Europas. Helsing, Anbieter von KI-gestützten Softwarelösungen für den Rüstungssektor, sei das wertvollste Start-up Deutschlands. “Investoren aus der ganzen Welt stehen Schlange.” Es gebe also Beispiele, dass es gelingen könne. “Wir brauchen eine Strategie für Technologiewachstum.”