„Er hat an zwei Enden gebrannt“

Ken Duken über seine Rolle als Hans Albers, wahres Heldentum und Haltung bewahren in schwierigen Zeiten.
berlin Er war das Idol einer ganzen Generation: Hans Albers (1891–1960), dessen berühmte Filme wie „Große Freiheit Nr. 7“ oder „Münchhausen“ und Schlager wie „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ bis heute populär sind. Das Dokudrama „Die Liebe des Hans Albers“ (heute, 21.45 Uhr, ARD) beleuchtet das Verhalten des Superstars während der Nazi-Diktatur: Der Frauenschwarm trennt sich unter dem Druck des Regimes von seiner jüdischen Lebensgefährtin Hansi Burg (Picco von Groote) und dreht unter anderem Propagandafilme, bleibt aber auf Distanz zum Regime. Hans Albers wird in dem 90-Minüter von Ken Duken verkörpert, der 1979 in Heidelberg zur Welt kam und oft als der deutsche Brad Pitt bezeichnet wird. Seine erste große Rolle hatte Duken 1999 im Film „Schlaraffenland“ an der Seite von Franka Potente, seitdem spielte der 41-Jährige in vielen Produktionen wie Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ oder der Komödie „Frau Müller muss weg“. Er ist verheiratet und hat einen Sohn, er lebt mit seiner Familie in Berlin.
Herr Duken, Sie spielen in „Die Liebe des Hans Albers“ den legendären Schauspieler…
Duken Als ich die Anfrage erhielt, Hans Albers zu spielen, war ich ehrlich gesagt etwas irritiert. Ich dachte, dass er als Typ total weit weg von mir ist – aber ich suche ja immer nach Herausforderungen und habe deshalb zugesagt. Als ich mich dann in die Recherchen gestürzt habe, wurde mir klar, dass ich ein völlig falsches Bild von Albers im Kopf hatte. Dieses Bild vom Hamburger Jung mit der Schunkelmusik in der Hafenkneipe wird ihm nicht gerecht.
Wie war er Ihrer Einschätzung nach als Mensch?
Duken Er war ein Tausendsassa, und je mehr man sich mit ihm auseinandersetzt, desto schwieriger wird es, diesen Menschen zu verkörpern, denn die einzige wirkliche Konstante in seinem Leben war der Alkohol. Er war ein kompletter Instinktmensch, der total nach Tagesform und vermutlich auch abhängig vom Alkoholpegel gespielt hat. Er hatte eine enorme Energie, ein künstlerisches Laisser-faire, eine enorme Selbstliebe und einen riesigen Drang, im Mittelpunkt zu stehen. Es gibt ja die Legende, wonach er zu seinem Chauffeur gesagt hat: „Fahren Sie langsam, wir wollen gesehen werden!“ Aber dann war er auch wieder gern allein – eine total widersprüchliche Figur.
Wie finden Sie ihn als Schauspieler?
Duken Ich mag ihn sehr. Er hat ja Hunderte von Filmen gemacht, erst Stummfilme, dann Tonfilme – wenn man sich die anschaut, ist es immer Hans Albers und doch immer ganz anders. Ich mag einen Film wahnsinnig gerne, und das ist „Quick“ – weil er da viel frischer und energetischer ist als in vielen anderen Projekten.
Wie wichtig war es Ihnen, ihm äußerlich zu ähneln?
Duken Mein Plan war zuerst, optisch möglichst nah an ihn heranzukommen, aber dann hat sich gezeigt: Wenn wir versuchen, ihn eins zu eins darzustellen, wird es eine Maskerade. Wir haben uns dann auf seine prägnanten blauen Augen und die blonden Haare konzentriert, da haben wir mit Kontaktlinsen und Perücken gearbeitet. Ansonsten haben wir uns entschieden, seine Energie und den Charakter zu greifen – Albers hat ja an zwei Enden gebrannt.
Können Sie auch seine Schlager singen, die großen Hits wie „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“?
Duken Ich kann nicht singen! Meine erste Anmerkung bei jedem Filmprojekt ist: Wenn ich singen muss, dann bin ich raus (lacht). Das Singen kam bei Hans Albers ja auch erst später, in Projekten wie „Große Freiheit Nr. 7“ aus dem Jahr 1944, wir konzentrieren uns aber auf eine frühere Phase in seinem Leben.
Der Film dreht sich um das Verhalten von Hans Albers im Dritten Reich. Er hatte eine jüdische Lebensgefährtin, von der er sich unter dem Druck des Nazi-Regimes offiziell trennte. Sie brachte sich im Ausland in Sicherheit, während er Propagandafilme drehte …
Duken Er war ein Held der damaligen Zeit und ist, getrieben auch aus einem gewissen Narzissmus, nie aus Hitler-Deutschland emigriert. Er hat sich ja sogar einspannen lassen für die Propagandafilme der Nazis, aber er hatte wohl immer den Eindruck, er führe die an der Nase herum und nicht umgekehrt. Ich glaube, da hat er sich auch wahnsinnig viel schöngesoffen. Albers hatte nach dem Krieg aber keine Probleme, sich zu rehabilitieren, weil er nie der NSDAP beigetreten ist – und seine Partnerin Hansi Burg ist dann ja auch zu ihm zurückgekehrt.
Hätte er nicht aus Liebe und Loyalität mit seiner Lebensgefährtin Nazi-Deutschland verlassen müssen?
Duken Ich glaube, Hans Albers war ein Mensch mit einem großen Herzen, und er hat Hansi sehr geliebt, obwohl er sicher auch hinter anderen Röcken her war. Aber dass er auch bewusst weggeschaut hat bei bestimmten Dingen, oder negiert hat, wie sehr er Teil des Systems war, zeigen wir im Film ja sehr deutlich.
Wie bewerten Sie sein Handeln?
Duken Es ist so leicht, mit großem Abstand über einen anderen zu urteilen. Die Frage, wie viel Haltung braucht der Mensch, lässt sich aber definitiv in die heutige Zeit übersetzen. Man sollte sich schon fragen, warum derzeit in vielen Ländern ein solcher Rechtsruck stattfindet. Wenn heute alle wieder den Kopf in den Sand stecken, geht das wieder los. Wir leben in einer wahnsinnig populistischen Zeit, wo jeder auf den anderen losgeht und keine Grautöne mehr existieren. Das Wichtigste ist, dass man sich immer wieder selber hinterfragt und nicht wie im Populismus mit dem Finger auf andere zeigt. ski