Vorfahren als Genussvorbilder

Bei Karin Kaufmann kommen nur die besten Lebensmittel der Region und Saison in die Kochtöpfe.
Egg Was Karin Kaufmann ihren Kochschülern mitgeben will, ist Achtsamkeit. Dies bedeutet, beim Kochen qualitativ hochwertige Lebensmittel aus der Region zu verwenden. Die Wälderin macht es wie unsere Vorfahren und verwendet beim Kochen, das, was da ist, also was die Saison bietet. Ihr würde nie einfallen im Winter frische Tomaten oder Erdbeeren in ihren Gerichten zu verwenden. „Es ist nicht ihre Zeit. Sie haben keinen Geschmack“, erklärt die Küchenmeisterin. „Wir können uns regional und saisonal ernähren. Wir haben im Jahr 2021 auch die Möglichkeit auf kleine Produzenten, die auch ein Stück weit weg sind, zuzugreifen, können dort den Mehrwert finden und ihn vor allem schmecken.“ Das Menü in ihrer Kochschule gibt ihr der Markt an. Ihre Gäste können sich nur bedingt aussuchen, was auf der Speisekarte steht. „Wir passen uns der Jahreszeit und dem Angebot an. Dafür bekommen sie die Lebensmittel in bester Qualität, mit viel Geschmack“, schildert Kaufmann. Keiner ihrer Gäste wollte nicht die beste Qualität haben. Der Geschmack der Lebensmittel wird bei ihr in der Küche ohne viele Schnörkel und ohne viel Firlefanz herausgearbeitet.
Einfach und doch das Beste
Das Kochen und das Achten auf Regionalität und Saison hat sie quasi in die Wiege gelegt mitbekommen. Aufgewachsen ist sie auf einem Bauernhof mit Gasthaus in Doren. Gemeinsam mit ihren fünf Geschwistern musste sie mithelfen, am liebsten war die 56-Jährige in der Küche. „Bei uns stand Gastgeben an erster Stelle“, erinnert sie sich zurück. Als sie in Lüneburg wohnte, erkannte Karin Kaufmann, dass diese Art des Kochens nicht alltäglich ist. „Für Eier vom Bauernhof habe ich dort drei Wochen lang nach Hennen gesucht“, verdeutlicht sie ihren Kochansatz. Nur so sei es möglich, mit besten Zutaten und einfachen Mitteln das Beste auf den Teller zu zaubern. Das Kochen ist für Karin Kaufmann ein schönes Tun und eine wertschätzende Arbeit. Diese Wertschätzung umfasst auch die Fragen: Woher kommt das Lebensmittel? Wie wurde es behandelt?
Herkunft wird wichtig
Den Ursprung der Lebensmittel zu kennen, ist neben klimaneutralem Essen einer der Esstrends. „Fleisch ist beispielsweise ein wichtiges Thema und dass man auch das ganze Tier verwertet. Es gibt nicht nur Filets und Edelstücke“, ruft Kaufmann in Erinnerung. Vielen sei der Bezug zum Tier und zum Essen abhanden gekommen. „Wenn man weiß, wo die Speise ihren Ursprung hat, isst man anders und man kauft auch anders ein.“
Der Schlüssel beim Kochen liegt darin, dass man weiß, was man tut. „Man muss dort anfangen, wo man steht“, ist zufolge Karin Kaufmann der erste Schritt zum Erfolg. Durch den Lockdown haben wieder viele zum Kochlöffel gegriffen. „Ich hoffe, dass die Freude an dem täglichen Tun bleibt und die neuen Köche genauer hinschauen, was sie kochen und einkaufen. Denn Corona hat uns gezeigt, dass wir eine funktionierende Umwelt benötigen“, so die Eggerin, die während der Pandemie mit ihrer Gewürzwerkstatt beschäftigt ist.
Tradition aufleben lassen
Für Karin Kaufmann ist Kochen ein Kulturgut. Speisen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. „Das sind unsere Wurzeln, das ist Tradition“. Auch das gemeinsame am Tisch sitzen und das Kommunizieren während des Essens haben eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Ihre Kochschule ist seit zehn Jahren eine Anlaufschule für Menschen, die sich ihre vergessenen Traditionen zurückerobern und lernen wollen, wie Mama oder Oma gekocht oder gebacken hat. „Am frischen Zopf erkennt man, dass Sonntag ist. Das ist eine Emotion“, erinnert sie sich an die Sonntage ihrer Kindheit zurück. Den Zopf gibt es bei Karin Kaufmann und inzwischen auch bei ihren Kindern. Die leben die Tradition. VN-PAG
„Am frischen Zopf erkennt man, dass Sonntag ist. Das erinnert mich an früher.“