Ein Mann mit Millionen Helfern

Vor acht Jahren entdeckte Sanjay Bösch seine Leidenschaft für das Fermentieren.
Lustenau Sanjay Bösch aus Lustenau und seine Arbeit steht beispielhaft für das seit Jahren steigende Interesse an Fermentation. Durch diese Technik der Verarbeitung werden Lebensmittel mit Milchsäurebakterien veredelt und haltbar gemacht. Milchprodukte, Kaffee, Brot, Sojasauce oder Schokolade, die Palette an Lebensmittel, die dadurch gewonnen werden, ist unüberschaubar groß. Bösch hat klein angefangen und sich Stück für Stück ein breites Wissen über die verschiedenen Techniken und Produkte angeeignet. Fermentiert wird auf der ganzen Welt, von Grönland bis Japan, und von allen Erdteilen holt er seine Inspiration. Heute arbeitet er in seiner eigenen Produktionsküche und gibt Workshops über die Landesgrenzen hinaus.

Lesen, probieren, lernen
Angefangen hat alles mit einem Buch. „Mich hat es interessiert, gute Lebensmittel zu machen. 2013 habe ich das Buch „The Art of Fermentation“ von Sandor Katz gelesen. Das hat mich sofort gepackt.“ Am Bauernhof, wo Bösch früher Lehrling war, konnte er mit dem Gemüse, das zu schadhaft für den Verkauf war, experimentieren und erste Gehversuche machen. Was als kleine Anregung gedacht war, weckte eine Leidenschaft, die bis heute ungebrochen anhält. Als seine Lehrzeit zu Ende war, reiste Bösch durch Asien. Er ließ sich in einem indischen Aschram zum Yoga-Lehrer ausbilden und lernte in Japan das Herstellen von Sojasauce und Miso-Paste.
Zurück in der Heimat, blieb der Lustenauer seiner Leidenschaft treu. Er legte einen Garten an und begann sein neu gewonnenes Wissen an lokalen Lebensmitteln auszuprobieren. Der Reis in der Miso-Paste wurde kurzerhand durch Vorarlberger Dinkel ersetzt. Diese frühen Kreationen waren anfangs nur für einen kleinen Kreis von Interesse, aber er nutzte die Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen und begann sich einen Namen zu machen. Für den Obst- und Gartenbauverein gab er seine ersten Workshops. Bald kamen auch die ersten Anfragen aus der Haubengastronomie.
„Durch die Fermentation bekam ich einen neuen Zugang zu traditionellen, lokalen Speisen“, betont Sanjay Bösch, während seine Augen über ein paar Steintöpfe schweifen. Als Lustenauer war es Bösch klar, dass viele Haushalte früher ihre eigenen Behälter hatten, um Gemüse für den Winter haltbar zu machen. Sauerkraut kennen alle, aber auch „Sure Räba“ waren lange Zeit sehr präsent auf den Vorarlberger Mittagstischen. Heute stehen viele dieser alten, schweren Töpfe in seiner Küche. „Es gibt einen Wunsch nach mehr Einfachheit“ und dieser treibt das neugeweckte Interesse an der Fermentation an, davon ist Bösch überzeugt. Er weiß aber auch, dass die starken Gerüche für viele eine Hürde darstellen, welche es ihnen schwer macht, seine Leidenschaft zu teilen. Dennoch gibt Bösch ihnen die Empfehlung mit auf den Weg: „Nicht aufgeben und darauf vertrauen, dass der Geschmack oft etwas Zeit braucht, um sich für Neues zu öffnen.“ VN-SAV
„Egal ob Milchprodukte, Essig, Brot oder Kaffee. Ohne Fermentation gäbe es das alles nicht.“




Zur Person
Sanjay Bösch
Geboren 17. 5. 1988
Ausbildung Lehre im Feldgemüsebau
Laufbahn Facharbeiter am Vetterhof, selbstständig seit Juli 2019
Familie Lebensgefährtin Pia, eine Tochter