Michael Degen feiert seinen 90er
Vielseitiger Künstler und politischer Kopf: Michael Degen.
hamburg Shakespeares Hamlet hat er 300 Mal gespielt. Er wirkte im Ensemble von Bertolt Brecht am Deutschen Theater Berlin, feierte Erfolge auf bedeutenden Bühnen in München, Hamburg, Salzburg und Wien. Dabei gehörten Größen wie Ingmar Bergman und Peter Zadek, Claude Chabrol und George Tabori zu seinen Regisseuren. Doch einem Millionenpublikum dürfte Michael Degen vor allem als lächerlich eitler Vice-Questore Patta aus den „Donna Leon“-Krimis im Ersten gegenwärtig sein. Von 2000 bis 2019 verlieh er stets im perfekten Maßanzug mit einem Augenzwinkern dem venezianischen Staatsdiener dessen besondere Statur. Heute wird der Schauspieler und Buchautor („Nicht alle waren Mörder“) 90 Jahre alt. Seinen Geburtstag will Degen mit seiner dritten Ehefrau, einer Journalistin, an seinem Wohnort Hamburg feiern.
Leidvolle Jugendjahre
Degen, der 1932 in Chemnitz als Sohn eines Sprachenprofessors und Kaufmanns russisch-jüdischer Herkunft zur Welt kam, ist das Kunststück gelungen, sowohl in schweren Theater- und TV-Rollen als auch im leichten Bereich („Diese Drombuschs“, „Klinik unter Palmen“, „Der Alte“) zu begeistern.
Leidvoll verliefen dagegen seine in Berlin verbrachten Jugendjahre. Auf der Flucht vor der Gestapo nahm der junge jüdische Mann ab 1943 mit seiner Mutter Anna falsche Identitäten an, beide wurden schließlich von einem Ehepaar in einer Laubenkolonie versteckt und gerettet. Da war der Vater längst an den Folgen seiner Haft im KZ Sachsenhausen gestorben.
Nach einer Schauspielausbildung ab 1946 am Deutschen Theater emigrierte Degen auf Wunsch seiner Mutter nach Israel, fand dort seinen älteren Bruder Adolf wieder. Er lernte Neuhebräisch und wurde an die Kammerspiele von Tel Aviv engagiert. Doch nach zwei Jahren kehrte er nach Deutschland zurück. Der Sehnsucht nach seiner Muttersprache wegen, wie er später erklärte. Jahrzehnte danach, 1999, veröffentlichte der Vater von vier Kindern seine Lebensgeschichte. „Nicht alle waren Mörder – Eine Kindheit in Berlin“ wurde ein Bestseller.
Auf aktuelle Entwicklungen blickt der Schauspieler nicht ohne Bitterkeit. „Dass junge deutsche Juden wieder um ihr Leben fürchten müssen, dass Antisemitismus und Rassismus nicht zu tilgen sind, lässt mich mit ohnmächtiger Wut zurück“, so Degen.