“Tue nur noch das, was mir Spaß macht”
Birgit Schrowange über ihr TV-Comeback und den Wirbel um ihre grauen Haare.
Köln Als Moderatorin des Infotainment-Magazins „Extra“ war ihr Gesicht 25 Jahre lang nicht vom Bildschirm wegzudenken. Bis Birgit Schrowange 2019 den Job bei RTL hinwarf und sich vom Bildschirm zurückzog. Jetzt feiert sie ihr TV-Comeback und wechselt dafür zu Sat.1 – die Reportagereihe „Birgits starke Frauen“ (ab heute, Montag, 20.15 Uhr Sat.1) ist die erste von mehreren neuen Sendungen, mit denen die 64-Jährige noch einmal durchstarten will.
Frau Schrowange, nach drei Jahren Fernsehpause und Ihrem Abschied von RTL kehren Sie jetzt gleich mit mehreren Sendungen bei Sat.1 zurück. War Ihnen etwa langweilig?
Schrowange Ich habe damals meine Sendung „Extra“ aufgegeben, weil der Drops für mich nach 25 Jahren einfach gelutscht war. Ich habe aber nie gesagt: Ich gehe jetzt in TV-Rente. Ich wollte dann eigentlich mein neues Buch promoten, aber wegen Corona mussten alle Termine abgesagt werden. Deshalb hatte ich eine längere Pause, und das hat mir sehr gut getan, weil ich in meinem ganzen Leben noch nie eine wirkliche Pause hatte.
Wie haben Sie diese Phase für sich genutzt?
Schrowange Die Zeit habe ich mit meinem Verlobten in der Schweiz verbracht, unter anderem habe ich auch Kochen gelernt, womit ich mich früher nie beschäftigt habe. Und auf einmal kamen Angebote von diversen Sendern, darunter Formate, die mit Prominenten und so weiter zu tun haben, aber das wollte ich nicht mehr. Ich möchte nur noch etwas machen, was in die Tiefe geht und Relevanz hat. Ich möchte rausgehen und Geschichten erzählen, die mich interessieren. Der Chef von Sat.1 hat mir drei sehr schöne Angebote präsentiert, und da habe ich wieder Lust bekommen.
Es geht los mit „Birgits starke Frauen“.
Schrowange Die Reportagereihe dreht sich um inspirierende Frauen, die es verdient haben, mal in den Mittelpunkt gerückt zu werden, keine Prominenten. Es sind Frauen, die Dinge bewegen und die Zuschauerinnen hoffentlich ermutigen, das zu tun, was sie erfüllt.
Sehen Sie selber sich auch als Vorbild?
Schrowange Das vielleicht nicht. Aber ich habe eine Mission. Ich will Frauen ermutigen, an sich zu denken, fürs Alter vorzusorgen, eine finanzielle Intelligenz zu erwerben, sich nicht abhängig zu machen.
Wie schwer hatten Sie es zu Beginn Ihrer Karriere als Frau in der damals noch sehr von Männern geprägten Fernsehwelt?
Schrowange Als ich 1982 anfing, war das eine reine Männerwelt. Die Chefs waren Männer, die Nachrichten moderierten Männer, es gab kaum toughe Journalistinnen wie heute Sandra Maischberger oder Anne Will. Und der Umgangston war ein anderer. Heute sind wir weiter, aber doch noch ein Stück von völliger Gleichberechtigung entfernt. Welcher Mann wird schon gefragt, wie er Beruf und Kinder unter einen Hut bringt? Oder die Sache mit meinen grauen Haaren…
Ihr Verzicht aufs Haarefärben vor fünf Jahren löste einen starken Nachhall aus und wurde als Statement gegen den Jugendwahn bewertet. Hat dieses enorme Echo Sie überrascht?
Schrowange Ich hatte das überhaupt nicht erwartet. Ich war ja schon ziemlich früh grau, hatte schon mit 36 Jahren graue Strähnen in meinen dunklen Haaren. Ich habe lange Zeit gefärbt, und als ich das nicht mehr wollte, haben sich meine Chefs bei RTL erst dagegen gesperrt, aber irgendwann habe ich mich durchgesetzt. Ich finde graue Haare schön. Ich verstehe nicht, warum Männer angeblich toll aussehen mit grauen Haaren und Frauen nur alt.
Haben Sie den Eindruck, dass der Jugendwahn im Fernsehen generell auf dem Rückzug ist?
Schrowange Ja, den Eindruck habe ich. Man darf heute vor der Kamera übergewichtig sein, auch in der Modelwelt, man hat dieses Vielfältige, das mag ich sehr. Als ich vor über 40 Jahren als Ansagerin angefangen habe, wäre es undenkbar gewesen, dass eine über 60 Jahre alte Frau mit grauen Haaren, die auch keine Idealfigur hat, drei Sendungen angeboten bekommt, und das gleich auf einmal.
Nach „Birgits starke Frauen“ starten bald auch die Reportagereihe „Unser Mallorca“ und „Wir werden mehr“. Ist es nicht stressig, gleich mehrere neue Formate anzuschieben?
Schrowange Es war zwischendurch wirklich hart. Wir haben für „Birgits starke Frauen“ im Jänner bei schlechtem Wetter gedreht, ich habe ja alle Frauen mit ihren Projekten begleitet, ich war als Rinderzüchterin unterwegs, mit einem Duschmobil für Obdachlose in Berlin. Dann hat mich auch noch Corona erwischt, trotz Impfungen und Booster. Es war nicht einfach, hat aber auch Spaß gemacht.
Brauchen Sie das Rampenlicht?
Schrowange Nein, die Öffentlichkeit brauche ich gar nicht mehr. Ich lebe ein zurückgezogenes Leben, ich gehe kaum auf rote Teppiche, das habe ich früher genossen, jetzt ist mir das nicht mehr wichtig. Mich haben die Formate überzeugt, gerade auch die „starken Frauen“.
Sie sagen gerne: „Meine beste Zeit ist jetzt“. Warum eigentlich?
Schrowange Man wird im Alter gelassener und nimmt viele Dinge nicht mehr so wichtig, auch sich selber nicht. Ich versuche, im Hier und Jetzt zu leben, nicht großartig in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu gucken. Und meine beste Zeit ist wirklich jetzt, denn ich bin privat sehr glücklich, ich habe nochmal einen tollen Job bekommen, mein Sohn ist erwachsen, er studiert in England. Ich muss gar nichts mehr beweisen, sondern tue nur noch das, was mir Spaß macht. ski
„Ich lebe ein zurückgezogenes Leben, ich gehe kaum auf rote Teppiche.“