Einer, der die Alpen schützt

Franz Ströhle zeigt, wie schmal der Grat zwischen Bergidylle und Zerstörung ist.
DALAAS Wegen des Klimawandels schmelzen Gletscher, die Tier- und Pflanzenwelt leidet. Dies treibt Franz Ströhle schon seit Langem Sorgenfalten auf die Stirn. Vor allem dann, wenn er an die Industrialisierung der Landwirtschaft oder das Thema Skitourismus denkt. „Artensterben. Tagestourismus. Stau. Das hat mit Klima- und Landschaftsschutz nichts zu tun und kann nicht mehr so weitergehen. Irgendwann muss genug sein“, meint der 73-Jährige, der für seine Mission auch schon unter dem Motto „As langat“ vom Bodensee bis ins Silvretta-Gebiet gewandert ist.
Um sich für den Schutz von Natur und Umwelt einzusetzen, hat sich Ströhle früher an Bäume geklammert, Ein-Mann-Demos gegen Waffenlieferungen abgehalten und im Winter in Zelten übernachtet. In seiner Jugend war er im Zuge der Anti-Atomkraft-Bewegung engagiert. Heute gibt er der Natur als Obmann des Vorarlberger Alpenschutzvereins eine Stimme.
In jüngster Vergangenheit demonstrierte er mit Gleichgesinnten in Innsbruck gegen die sogenannte „Gletscherehe“ Pitztal-Ötztal. „Das Projekt konnte knapp verhindert werden“, zeigt er sich sichtlich erleichtert und fügt mit einem Kopfschütteln hinzu: „Das wäre ein gewaltiger Eingriff gewesen.“
Die Liebe zur Natur sei ihm buchstäblich in die Wiege gelegt worden, sagt Ströhle. Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof im Klostertal. In beruflicher Hinsicht zog es ihn dann allerdings weg von der schweren Arbeit in steilem Gelände hin zur Welt der Grafik und Malerei und zu einem Studium in Linz. „Am Kunstmarkt bin ich aber nicht vorhanden“, erzählt der Dalaaser, der jahrelang als Lehrer für Bildnerische Erziehung und Technisches Werken im Einsatz war. Heute bewirtschaftet er in seiner Heimat ein Maisäß, wo es „kreucht und fleucht“. Angetan haben es ihm vor allem die Bienen. „Wegen Bodenversiegelung musste ich schon zuschauen, wie ganze Populationen verendet sind“, erzählt Ströhle. Mittlerweile ist der Alpenschützer auch Imker und Wanderlehrer für Bienenzucht. Im Zuge dessen hat er mit der Makrofotografie ein neues Hobby entdeckt.
Zu seinen liebsten Motiven zählt neben den Bienen auch der geschützte Alpenbockkäfer, den er im Zuge eines Monitoring-Projekts im Klostertal immer wieder ablichtet.
„Meine Interessen sind fast schon zu vielfältig“, meint der 73-Jährige und muss schmunzeln. Auch Weitwandern zählt genauso wie Lesen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Gerne widmet er sich dabei dem Werk von Erich Fromm. „Er erkannte gesellschaftliche Zusammenhänge sehr gut“, erklärt Ströhle seine Begeisterung für den Psychoanalytiker und fügt hinzu: „Es ist gut auch zu lernen Nein zu sagen, wenn es darauf ankommt.“
Er selbst sei nie den geraden Weg gegangen, sagt der 73-Jährige. „Ich habe Umwege, Nebenwege und Wildnispfade immer mehr geschätzt.“ Sein Engagement für den Natur- und Umweltschutz vergleicht er mit einem „Kampf gegen Windmühlen“. Er ortet allerdings ein Umdenken in der Bevölkerung. „Für ein zufriedenes Leben braucht es nicht viel. Woran das System krankt, ist der Überfluss.“
Mit Maß und Ziel
Die Situation rund um den Skitourismus sieht Ströhle als eine Folge des Wachstumswahns der Gesellschaft. „Und es wird immer deutlicher, dass sich etwas ändern muss.“ Für ihn ist klar, dass es künftig ohne Beschneiung nicht mehr gehen wird. „Ein gewisses Ausmaß ist auch in Ordnung“, sagt er im Hinblick auf die Lage der Touristiker und ihrer Existenzgrundlage, „aber immer noch mehr Energieaufwand ist nicht mehr zeitgemäß.“
Auf seinem persönlichen Weihnachtswunschzettel hat Ströhle noch ein weiteres Anliegen. „Es wäre schön, wenn mehr junge Menschen bereit wären, sich für den Alpenschutzverein zu engagieren.“ VN-MEF
„Für ein zufriedenes Leben braucht es nicht viel. Das System krankt am Überfluss.“



Zur Person
Franz Ströhle
ist seit fünf Jahren Obmann des Vorarlberger Alpenschutzvereins
Wohnort Dalaas und Höchst
Alter 73
Familie verheiratet mit Helga, drei erwachsene Kinder
Beruf Pensionist, Künstler
Hobbys Wandern, Naturerlebnisse, Lesen
Motto Weniger ist mehr. Ich glaube an das Leben vor dem Tod.
Am 11. Dezember wird der „Welttag der Berge“ begangen. Der Gedenktag wurde von der UNO ins Leben gerufen, um Bewusstsein für die Bergwelt zu schaffen.