Die Geschichte einer Frau

Menschen / 26.03.2023 • 20:03 Uhr
Eine Herausforderung für das Frauenmuseum stellen die begrenzten finanziellen Mittel dar. CHRISTA DIETRICH
Eine Herausforderung für das Frauenmuseum stellen die begrenzten finanziellen Mittel dar. CHRISTA DIETRICH

Stefania Pitscheider Soraperra ist seit 2009 Direktorin des Frauenmuseums Hittisau.

HITTISAU „Die Vision des Feminismus ist nicht eine ‚weibliche Zukunft‘. Es ist eine menschliche Zukunft“, meinte einst die ehemalige Frauenministerin Johanna Dohnal. Mit diesem Zitat beschreibt die Direktorin des Frauenmuseums Hittisau, Stefania Pitscheider Soraperra, ihre Tätigkeit. Die gebürtige Südtirolerin ist Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin sowie Kulturmanagerin und leitet seit 2009 das Frauenmuseum Hittisau, welches das erste und einzige Frauenmuseum des Landes sowie weltweit das einzige Frauenmuseum im ländlichen Raum ist.

Die im Frauenmuseum gezeigten Ausstellungen behandeln kulturhistorische Themen und verleihen der Geschichte der Frauen ein Gesicht. Bei der Organisation des Museums spielt die Zusammenarbeit mit den rund 20 Kulturvermittlerinnen eine zentrale Rolle. Das Alter, der berufliche Hintergrund oder die Herkunft der Frauen sind dabei nicht von Bedeutung. Die leistungsgerechte Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen liegt der Direktorin aber am Herzen: „Wir legen sehr viel Wert darauf, die Arbeit unserer Kulturvermittlerinnen ordentlich zu bezahlen. Frauen leisten in unserer Gesellschaft sehr viel Care-Arbeit und erfüllen bereits genug unbezahlte Aufgaben. Aus diesem Grund soll die Arbeit hier im Frauenmuseum gerecht entlohnt werden“, erklärt sie.

Die Ausgaben für die fairen Löhne bedeuten im Umkehrschluss, dass das Museum weniger finanzielle Mittel für andere Aufwendungen zur Verfügung hat. Das Frauenmuseum sei unterfinanziert und der Ruf nach Unterstützung werde von der Politik oft nicht gehört. Auf kommunaler Ebene gebe es ausreichend Unterstützung, aber bei Land und Bund bestehe durchaus noch Luft nach oben, erklärt die Direktorin.

„Das Frauenmuseum ist ein Ort des Empowerments und der Ermutigung für Frauen.“ Pitscheider Soraperra beobachte oft Frauen, die den Schritt in die Kommunalpolitik wagen, oder Frauen, die erst durch eine Auseinandersetzung mit der Lebensrealität anderer Frauen bemerken, dass sie durchaus eine Stimme haben. Sie ist überzeugt, dass das Frauenmuseum im ländlichen Raum sehr wichtig ist, da der ländliche Raum viel mit dem Leben ganzer Gemeinschaften zu tun habe. „Es ist bewiesen, dass Frauen als Erste ihren Standort verlassen, wenn sie keine Möglichkeit zur gesellschaftlichen und politischen Teilhabe haben“ erklärt sie.

Frauenmuseum als Begegnungsort

„Um zu verstehen, wo Ungleichheiten oder Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft vorhanden sind, ist es wichtig hinzuschauen und diese Themen sichtbar zu machen. Das Schaffen von Begegnungsräumen kann dabei helfen, alle anderen Geschlechter in den Diskurs mit einzubeziehen“, erzählt Pitscheider Soraperra. Das Frauenmuseum ist so ein Begegnungsort. „Für eine gerechtere Welt gehört die Gleichbehandlung der Geschlechter ganz massiv dazu. Die herrschende Ungleichheit ist den Menschen meist gar nicht bewusst und es kommt bei den Museumsbesuchern sehr oft zu Aha-Momenten.“

Für die Zukunft wünscht sich die Direktorin, dass sich das Museum entwickeln kann. Dafür sei es notwendig, dass die Politik die operative Arbeit, die Möglichkeit für Publikationen und die Raumentwicklung finanziell unterstützt, „damit das Frauenmuseum auch in Zukunft besteht, sich entfaltet und seinen wertvollen Bildungsbeitrag weiter erfüllen kann“, erklärt Pitscheider Soraperra abschließend. VN-JMA

„Das Schaffen von Begegnungsräumen kann dabei helfen, alle anderen Geschlechter in den Diskurs mit einzubeziehen.“

Das Frauenmuseum Hittisau zeigt Ausstellungen, die sich mit der Geschichte der Frauen beschäftigen.
Das Frauenmuseum Hittisau zeigt Ausstellungen, die sich mit der Geschichte der Frauen beschäftigen.
Für die Zukunft hofft Stefania Pitscheider Soraperra auf Unterstützung durch die Politik, um das Frauenmuseum Hittisau weiterzuentwickeln.
Für die Zukunft hofft Stefania Pitscheider Soraperra auf Unterstützung durch die Politik, um das Frauenmuseum Hittisau weiterzuentwickeln.

Zur Person

Stefania Pitscheider Soraperra

Leiterin des Frauenmuseums in Hittisau

Geboren 8. Oktober 1965 in Brixen

Wohnort Lebt seit 2005 in Vorarlberg

Sprachen Ladinisch (Muttersprache), Deutsch, Italienisch, Englisch (fließend), Spanisch, Französisch und Portugiesisch (Grundkenntnisse), Lateinisch und Altgriechisch (Schulkenntnisse)

Ausbildung Humanistisches Gymnasium-Lyzeum Vinzentinum in Brixen (I), Studium der Kunst- und Architekturgeschichte, Geschichte, Philosophie und Archäologie (Wien, Graz und Salzburg)