Programmierte Medikamente

Der Tschaggunser Christian Margreitter baut Medizin am Computer.
MÖLNDAL, TSCHAGGUNS Zwischen der Idee und der Markteinführung eines Medikaments liegen in der Norm ein Jahrzehnt, die Entwicklung kostet oft Hunderte Millionen Euro und ist voller Risiken. Verlockend daher die Idee, in Computersimulationen mögliche Wirkungsweisen zu testen, bevor man die entsprechenden Medikamente entwickelt. Christian Margreitter macht dies möglich.
Neue Denkansätze
Der gebürtige Tschaggunser versucht mit seinen Simulationen herauszufinden, ob ein angedachtes Medikament sicher und wirksam genug sein oder ob es eventuell sogar bessere Ansätze geben könnte. „Was wir hauptsächlich verwenden, sind zwei Modelle: chemisch-physikalische und Machine learning“, erklärt Margreitter. Mit dem ersten Ansatz untersucht man vor allem, wie Moleküle und Proteine miteinander und mit welchen Folgen agieren. Der zweite ist komplexer. So entscheidet der Computer auf Basis seiner Datenbank, ob ein Molekül toxisch sein könnte. „Es trifft die richtigen Entscheidungen, aber es ist schwer nachvollziehbar, warum“, betont Margreitter. Die Denklogik der Maschine unterscheidet sich sehr vom Menschen, führt somit aber auch oft zu Lösungen, die den Chemikern nicht offensichtlich war. Bereits als Jugendlicher programmierte Margreitter gern. Nach der Matura entschied er sich Molekularbiologie zu studieren, ohne zu wissen, auf was genau er sich dabei einließ.
Von der Uni Wien über die BOKU ging es für den PostDoc ans King College nach London. Vor dem Brexit wurde das Klima in London unangenehmer, leistbar war das Wohnen dort ebenfalls kaum. Gleichzeitig wird der Wechsel aus der universitären Forschung in die wirtschaftliche Forschung mit den Jahren nicht einfacher, zu unterschiedlich sind die Zugänge.
Von Astrazeneca zum Start-up
Von London nach Schweden lockte ihn und seine Frau dann im Sommer 2020 die perfekte Jobbeschreibung von Astrazeneca. Ab dem Sommer 2020 engagierte sich Margreitter in der Forschung von Astrazeneca, die sich einen Namen in Bereich der Medizinforschung auf Basis künstlicher Intelligenz machten.“ Die sind führend gewesen, gerade im Bereich der AI“, weckten die Schweden sein Interesse. „Das war genau die richtige Adresse.“
Seit April forscht der Tschaggunser nun bei einem Start-up namens Odyssey Therapeutics, ebenfalls von Mölndal bei Göteburg aus. Auch in Schweden explodieren die Immobilienpreise, doch inzwischen fand die junge dreiköpfige Familie eine Doppelhaushälfte für sich. Ein Reiz an seinem Arbeits- und Forschungsfeld ist die Dynamik. „Wenn man da nur ein halbes Jahr nicht on top ist, dann hat es sich so weiterentwickelt, dass man es schon gar nicht mehr versteht“, verdeutlicht der frischgebackene Vater einer Tochter. Für die Zukunft hofft er, Forschung und Arbeit verknüpfen zu können. Hier hilft ihm, dass sein Arbeitsumfeld zu einem gewissen Grad von wissenschaftlichen Publikationen profitiert. „Ich bin stark dafür, dass das Forschungsbudget einer Pharmafirma zwei Drittel ausmachen sollte, bevor es das PR-Budget tut“, betont Margreitter. VN-RAU
„Die Maschine trifft richtige Entscheidungen, aber warum ist schwer nachvollziehbar.“




Zur Person
Christian Margreitter
entwickelt quasi Medikamente am PC.
Geboren 9.12.1986
Herkunft Tschagguns
Studium Universität Wien und BOKU Wien, Molekularbiologie und Doktor der Biophysik
Familie verheiratet, ein Kind
Hobby Fischen und Boot fahren