“Herbert war die Liebe meines Lebens”

Von großer Liebe und Schicksalsschlägen: Gertraud Six blickt mit 75 Jahren auf ein bewegtes Leben zurück.
Bludesch Gertraud (heute 75) wuchs mit acht Geschwistern auf dem höchstgelegenen Bergbauernhof (1100 Meter Seehöhe) in Dalaas auf. Die Kinder der Schranz’ hatten einen langen Schulweg. Die Schule war zwei Kilometer entfernt. Im Winter herrschte oft Lawinengefahr. “Manchmal konnten wir deswegen wochenlang nicht zur Schule gehen.”
Bereits als Kind musste Gertraud zu Hause mithelfen. “Ich bin schon mit sechs Jahren mit dem Rechen auf dem Feld gestanden.” Auch bei der Heuernte und im Stall hieß es mitanpacken. Oft musste Gertraud auch auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen. “Ich habe ihnen die Flasche gegeben.”

Nach dem Ende der Schulzeit musste sie gleich arbeiten gehen. “Wir durften nichts lernen. Papa wollte, dass wir Geld heimbringen.” Zunächst arbeitete Gertraud in einem Haushalt in Hohenems, später in einer Fabrik in Götzis und in einem Gasthaus in Dalaas als Küchengehilfin und Zimmermädchen. Außerdem unterstützte sie ihre Mutter. “Mama betrieb eine kleine Imbissstube.”
Mit 18 Jahren heiratete die Klostertalerin Arnold Mangeng, einen Dalaaser. Beide wünschten sich Kinder. Gertraud wurde schwanger, verlor das Kind aber im dritten Monat. „Danach war ich schlecht beieinander. Ich hatte mich so auf das Baby gefreut.“ Zwei Jahre später war sie abermals in guter Hoffnung. Doch auch dieses Kind verlor sie. Sie erlitt eine Totgeburt. „Zuhause stand eine verwaiste Wiege.“ Aber die nächste Schwangerschaft war von Erfolg gekrönt. Andreas erblickte im Jahr 1972 das Licht der Welt. „Das Kind war mein Ein und Alles. Noch heute bin ich glücklich, dass ich ihn habe.“

1980 wurde sie abermals schwanger, zu einem Zeitpunkt, an dem sie an schwerem Rheuma litt und Medikamente einnehmen musste. “Mein Frauenarzt erkannte, dass das Kind im Bauch eine schwere Behinderung hat. Er meinte, dass ich es nicht behalten könne.” Die rheumageplagte Frau überlegte lange. Dann entschied sie sich schweren Herzens für einen Schwangerschaftsabbruch. “Das war für mich schlimmer als die Fehlgeburten.”
Die Ehe der Mangengs ging nach 24 Jahren in die Brüche. “Zum Schluss ging jeder seine eigenen Wege.” In einem Pub lernte die geschiedene Frau ihren zweiten Mann kennen: den Kärntner Herbert Six. “Er war die Liebe meines Lebens. Wir waren 18 Jahre zusammen.” Mit ihm ging sie nach Kärnten. “Ich pflegte seine zuckerkranke Mutter, der man ein Bein abgenommen hatte.” Als diese starb, fiel Gertraud in ein Loch. “Ich fühlte mich sehr einsam und weinte nur noch. Mein Mann arbeitete in der Steiermark, er war nur an den Wochenenden da.”

Gertraud beschloss, nach Vorarlberg zurückzukehren. “Dort hatte ich meinen Sohn und meine Familie.” Die Ehe der Six’ zerbrach an der Entfernung. “2011 ließen wir uns scheiden.” Seither lebt die Dalaaserin bei ihrem Sohn Andreas in Bludesch.
Im Jahr 2019 erkrankte sie schwer. Es ging um Leben und Tod. “Ich hatte beidseitiges Nierenversagen und kämpfte einige Tage lang auf der Intensivstation um mein Leben.” Wie durch ein Wunder überlebte Gertraud. Danach lebte sie intensiv. “Ich habe das gemacht, was mir Spaß macht. Ich bin tanzen und zum Musikantentreff gegangen.” Auch heute genießt die 75-Jährige ihr Leben. “Mir geht es zurzeit wirklich gut”, freut sie sich und grinst.
Gertraud Six
geboren 3. Februar 1950 in Dalaas
Wohnort Bludesch
Familie geschieden, ein Sohn
Hobbys Malen, Wandern, Tanzen, Musik