Eine Legende des Fernsehens

Menschen / 28.09.2025 • 12:10 Uhr
Eine Legende des Fernsehens
Georg Stefan Troller war Filmemacher, Kulturkorrespondent, Fernsehreporter und Fotograf. APA/HERBERT PFARRHOFER

Georg Stefan Troller ist im Alter von 103 Jahren gestorben.

Paris Er sprach mit Marlene Dietrich, Ingrid Bergman und Konrad Adenauer – und mit einem querschnittsgelähmten Vietnam-Veteranen, der den Mut hatte, sich nackt in der Badewanne filmen zu lassen. Georg Stefan Troller, Österreicher und US-Staatsbürger jüdischer Herkunft, führte rund 2.000 Interviews, drehte mehr als 170 Filme über Menschen und ihre großen wie kleinen Lebensgeschichten. Nun ist er im Alter von 103 Jahren gestorben, wie seine Tochter Fenn Troller in Paris mitteilte. Als einer der prägenden Fernsehjournalisten der Nachkriegszeit veränderte Troller den Ton des Gesprächs. Schon in den 1960er Jahren stellte er in Paris Fragen, die unerhört wirkten – „Sind Sie glücklich mit Ihrem Leben?“ – und brachte damit etwas ins Fernsehen, das dort zuvor selten war: unverblümte Nähe, den „human touch“. Stars antworteten offen. Damit wurde er zum Vorbild für Generationen von Reportern.


Sein Markenzeichen war die betont subjektive Annäherung. Troller wollte „in die Menschen eintauchen“, wie er zu seinem 100. Geburtstag dem Bayerischen Rundfunk sagte; er nannte sich selbst einen „Menschenfresser“, getrieben von Neugier auf das, was Biografien formt. Zunächst galt diese Herangehensweise als Provokation, denn nach 1945 sollte Dokumentation streng objektiv sein. „Meine Ausdrucksweise konnte sich dem angleichen, aber dahinter lauerte der Subjektivismus“, erklärte er rückblickend – genau diese Mischung wurde sein Stil.
Programme wie das „Pariser Journal“ im WDR und die ZDF-Reihe „Personenbeschreibung“ machten seine Handschrift bekannt: psychologisch scharfe Porträts, geführt mit respektvoller Unverfrorenheit. Die Spannweite reichte von Muhammad Ali bis Elmo Zumwalt; Prominenz verstand Troller nie nur als Glanz, sondern als Gelegenheit zur Erkenntnis.


Troller wurde am 10. Dezember 1921 in Wien als Sohn einer jüdischen Pelzhändlerfamilie geboren. 1938 floh die Familie vor den Nationalsozialisten über die Tschechoslowakei und Frankreich in die USA. 1943 zur US-Armee eingezogen, erlebte er im April 1945 die Befreiung des KZ Dachau und vernahm wegen seiner Deutschkenntnisse Kriegsgefangene. Nach Studien in Anglistik und Theater führte ihn der Weg an die Sorbonne nach Paris – dort fand er seine Berufung als Kulturkorrespondent und Fernsehreporter. Seine älteste Tochter Fenn erinnert sich an eine Kindheit in einem kosmopolitischen Umfeld, umgeben von Worten, Sprachen, Büchern und Kunst. Die zufällige Entdeckung von Fotografien aus den fünfziger Jahren mündete in den Erinnerungsband „Ein Traum von Paris“ – und in die späte Anerkennung Trollers als Fotograf.
Arbeit, sagte er, sei seine Überlebensstrategie gewesen. Indem er anderen die Fragen stellte, die er an sich selbst hatte, erweiterte er seinen eigenen Horizont. „Interviews waren für mich letztlich Selbstgespräche“, formulierte er – und zog im Gespräch mit der Plattform „dokdoc.eu“ sein Resümee: „Ich bin zu dem geworden, wozu ich innerlich vorbestimmt war. Was ich mir erträumt habe, ist wahr geworden.“ Sein Werk bleibt. Es prägte das Fernsehen, auf Dauer.