Sabine Meyer: Abschied einer Legende

Die „Königin der Klarinette“ spielte 40 Jahre lang bei der Schubertiade.
Hohenems Im Markus-Sittikus-Saal endete am Sonntag die Schubertiade 2025 – und mit ihr eine Ära: Sabine Meyer, die prägende Klarinettistin ihrer Generation, nahm nach vier Jahrzehnten Abschied von diesem Festival, das sie seit 1985 begleitet hatte.

Geboren 1959 in Crailsheim, hatte Sabine Meyer nach Studien in Stuttgart und Hannover zunächst als Orchestermusikerin begonnen, bevor Herbert von Karajan sie 1982 zu den Berliner Philharmonikern holte. Schon bald wandte sie sich der Solokarriere zu und verlieh der Klarinette eine Stimme, die so warm, gesanglich und charaktervoll war, dass sie fortan als ebenbürtiges Soloinstrument neben Violine oder Klavier galt. Sie öffnete das Repertoire für zeitgenössische Kompositionen, pflegte die Klangfarben der Bassettklarinette und des Bassetthorns, prägte mit dem Trio di Clarone das internationale Musikleben und lehrte fast drei Jahrzehnte lang in Lübeck eine neue Generation von Klarinettisten. Nun, mit 65 Jahren, sagt sie der Bühne Adieu – mit einem Programm, das ganz Franz Schubert gewidmet war, jenem Komponisten, dessen Lieder sie über Jahrzehnte begleitet haben.

Helmut Deutsch, der 1980 sein eigenes Schubertiade-Debüt gefeiert hatte, saß am Klavier – wie immer mit unspektakulärer Meisterschaft. Er war der ruhende Mittelpunkt des Abends, der Atemgeber für die Sängerinnen und Sänger, die sich um ihn und um Meyer scharten: Christiane Karg mit ihrem leuchtenden Sopran, Sophie Rennert mit warm timbrierter Tiefe, Ilker Arcayürek mit tenoraler Strahlkraft und Samuel Hasselhorn, der kurzfristig für Konstantin Krimmel eingesprungen war, mit jener noblen, textbewussten Intensität, die Schubert verlangt.

Der erste Teil des Abends war ein Mosaik aus Hymnen, Gebeten und Reflexionen: Schillers „Hymne an den Unendlichen“, Goethes „An den Mond“, Schobers „An die Musik“ – jedes Lied ein stilles Glaubensbekenntnis an das, was Musik vermag. Nach der Pause führte der Bogen vom feierlichen „An die Sonne“ über das machtvolle „Die Allmacht“ bis zu den stillen, fast entrückten Spätliedern – „Im Abendrot“, „Die Taubenpost“, „Auf dem Strom“ – einem jener Werke, in denen Schubert selbst die Grenze zwischen Lied und Instrumentalpoesie überschreitet.
Der junge Hornist Anton Oskar Doppelbauer, geboren 1999 in Feldkirch, der mit edlem Ton und unprätentiöser Musikalität zeigte, dass die Schubertiade nicht nur Abschied, sondern auch Anfang bedeutet.

Und dann – als letzter Gruß – Schuberts „Der Hirt auf dem Felsen“, jenes Stück, in dem Sopran, Klarinette und Klavier zu einer Einheit werden. Christiane Karg sang es mit inniger, fast träumerischer Empfindung, Helmut Deutsch zeichnete das Landschaftsbild mit feinsten Anschlagsfarben, und Sabine Meyer ließ ihren Ton noch einmal so leuchten, wie man ihn seit Jahrzehnten kennt: warm, rund, menschlich.
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Als der letzte Ton verklungen war, stand der ganze Saal. Minutenlange Ovationen, Blumen, großer Jubel – und mitten darin Sabine Meyer, bescheiden, lächelnd, ergriffen. Es war kein Abschied in Moll, sondern einer im hellen Dur einer erfüllten Künstlerinnenbiografie. Sie bleibt – als „Königin der Klarinette“, als Musikerin, die diesem Instrument Würde, Tiefe und eine Stimme gegeben hat.
Nun richtet sich der Blick des Teams um Geschäftsführer Gerd Nachbauer bereits auf das kommende Jahr: 2026 feiert die Schubertiade ihr fünfzigjähriges Bestehen. Am 8. Mai 1976 hatte alles begonnen – mit einem Liederabend von Hermann Prey, am Klavier begleitet von Leonard Hokanson. Ein halbes Jahrhundert später darf man sich auf ein spannendes Jubiläumsjahr freuen.