Geisterhafte Leichtigkeit und innige Klangrede

Das „Geisterduo“ zeigte bei der Schubertiade Witz, Eleganz und poetische Vielfalt.
Hohenems Dass Franz Schuberts Musik für Klavier vierhändig weit mehr ist als ein hübsches Beiwerk des Hausmusizierens, sondern vielmehr zu den poetischsten Kammermusikwerken des frühen 19. Jahrhunderts zählt, machte das „Geisterduo“ – David Salmon und Manuel Vieillard – bei seinem Auftritt im Rahmen der Schubertiade unüberhörbar deutlich. Mit makelloser Synchronität, einem feinen Ohr füreinander und einer Musikalität, die zwischen jugendlicher Frische und reifer Gestaltungskraft oszillierte, gelang ihnen ein Abend, der die Kunst des gemeinsamen Atmens und Formens im besten Sinne feierte.

Schon zu Beginn, im „Divertissement à la hongroise“ D 818, entfaltete sich eine Atmosphäre tänzerischer Leichtigkeit, die den Charakter dieses halb folkloristischen, halb virtuosen Werks in funkelnde Klangfarben tauchte. Das eröffnende Andante erhielt bei Salmon und Vieillard eine Zartheit, die ohne jede Süße auskam und vielmehr von stiller Eleganz geprägt war. Im Marcia mit seinem Trio spannte sich ein Bogen zwischen strengerem Gestus und sanfter Lyrik, den die beiden Pianisten mit organischem Fluss und klaren Akzenten nachzeichneten. Das abschließende Allegretto klang mit seinem rhythmischen Witz und seiner leichten Ironie wie ein augenzwinkerndes Gespräch, dessen Pointen präzise, aber nie überzogen gesetzt wurden.
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Nach der Pause widmeten sich die beiden Musiker der Sonate in B-Dur D 617, einem Werk, das aufgrund seiner klassischen Balance und Transparenz oft unterschätzt wird. Hier bewiesen Salmon und Vieillard ihre besondere Stärke, den Gestus des Zwiegesprächs. Das Allegro moderato nahm federnd Fahrt auf, ohne hastig zu wirken. Das Andante con moto formten sie als zarte Kantilene, die wie eine stille Zwiesprache zwischen den beiden Stimmen schwebte. Im finalen Allegretto schließlich gelang ihnen eine Mischung aus tänzerischer Heiterkeit und formaler Klarheit. Dadurch erstrahlte Schuberts Erfindungskraft in hellem Licht.

In den beiden Marches caractéristiques D 968 B trat das Virtuose stärker hervor. Die beiden Allegro vivace zeigten das Duo von seiner brillanten Seite: mit blitzender Artikulation, rhythmischer Prägnanz und einem Gestus, der Majestät und überschäumende Vitalität gleichermaßen transportierte. Dass sich in diesen Stücken kleine Theaterminiaturen verbergen, ließen Salmon und Vieillard deutlich spüren – ihre Kunst bestand darin, die Brillanz nie zum Selbstzweck werden zu lassen, sondern sie stets aus dem musikalischen Dialog zu entwickeln.

Den Höhepunkt des Nachmittags bildete jedoch das „Grand Rondeau“ A-Dur D 951 – ein Werk voller weit ausschwingender Melodiebögen und unendlicher Gesangslinien. Hier wurde hörbar, warum Salmon und Vieillard zu Recht als Ensemble gefeiert werden. Ihre Fähigkeit, lange Atembögen zu formen, dynamische Abstufungen in feinsten Nuancen auszukosten und die melodische Erzählung ohne jede Schwere, dafür mit leuchtender Klarheit zu entfalten, verlieh dem Stück eine beinahe überirdische Ruhe. Während andere Pianisten auf Effekt oder Bravour setzen würden, entschieden sich die beiden für das große Fließen, für das poetische Leuchten, für den Schubert, der sich jenseits der Virtuosität als Komponist des Inneren offenbart.