Freundschaft, Mut und Verantwortung

Kultur / HEUTE • 12:37 Uhr
Die rote Zora
Mit ihrer Inszenierung der Roten Zora gelingt Danielle Fend-Strahm ein rundum überzeugendes Theatererlebnis. andreas marte

„Die rote Zora“ als bewegende Geschichte über den Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Feldkirch Die Premiere von „Die rote Zora” im Alten Hallenbad Feldkirch fesselte das Publikum am Dienstagabend mit Spielfreude, Witz und einer gelungenen Mischung aus Ernst und Leichtigkeit. Danielle Fend-Strahm hat eine lebendige und mitreißende Produktion geschaffen, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen berührt, weil sie die Kraft des Erzählens mit jener der A-cappella-Musik und des Spiels in idealer Balance vereint.

Die rote Zora
Die Produktion von Café Fuerte zeichnet sich durch eine starke Ensembleleistung aus. andreas marte

Die vier Darstellerinnen und Darsteller wechseln souverän zwischen zehn Rollen und verleihen jeder Figur eine eigene Farbe. Anne Bontemps ist eine temperamentvolle, furchtlose Zora, ein Mädchen, das zwischen kindlicher Unschuld und kämpferischer Entschlossenheit changiert. Simon Labhart gibt den sensiblen Branko mit zurückhaltender Kraft und zeigt, wie sehr Mut und Verletzlichkeit zusammengehören.

Die rote Zora
“Die rote Zora”. andreas marte

Johanna Köster brilliert in gleich mehreren Partien: als gewitzte Duro, als überheblicher Bürgermeister, als reiche Karaman oder als Polizist Begovic und meistert diesen ständigen Rollenwechsel mit Humor und Präsenz. Tobias Fend sorgt als Nicola und Fischer Gorian schließlich nicht nur für schauspielerische, sondern auch für musikalische Akzente. Wie das gesamte Ensemble begleitet auch er die Szenen mit A-cappella-Gesang und rhythmischem Puls, der das Geschehen vorantreibt.

Die rote Zora
“Die rote Zora”. andreas marte

Thomas Birkmeirs Bühnenfassung des im Jahr 1941 erschienenen Jugendromans von Kurt Held, auf die sich die Inszenierung von Fend-Strahm stützt, bleibt dem Geist des Originals treu. „Die rote Zora und ihre Bande” erzählt die Geschichte einer Gruppe verstoßener Kinder, die sich in einer alten Burgruine über dem kroatischen Städtchen Senj ein eigenes Reich der Freiheit schaffen. Sie nennen sich „Uskoken“, nach jenen legendären Kämpfern, die einst das Land gegen Invasoren verteidigten. Die Regie erinnert daran, dass sie auch für heutige Generationen ein Symbol für Widerstand, Zusammenhalt und Mut sind.

Die rote Zora
“Die rote Zora”. andreas marte

Zora, das Mädchen mit den feuerroten Haaren, führt ihre kleine Gemeinschaft mit Herz und Entschlossenheit. Als der junge Branko zu Unrecht des Diebstahls beschuldigt und eingesperrt wird, befreit sie ihn und nimmt ihn in die Bande auf. Es ist eine Geschichte über Solidarität und Freundschaft, über das Erwachsenwerden und das Bewahren einer kindlichen Gerechtigkeitsempfindung in einer von Ungleichheit geprägten Welt. „Ja, die Kleinen hängt man auf, die Großen lässt man laufen… die Armen sind es, die die Reichen reich machen!“ Sätze wie diese hallen über den Abend hinaus.

Die rote Zora
“Die rote Zora”. andreas marte

Danielle Fend-Strahm gelingt das Kunststück, ein Stück über Armut, Verlust und gesellschaftliche Ungerechtigkeit so zu erzählen, dass es von Leichtigkeit durchzogen ist. Ihre Inszenierung ist fröhlich, ohne seicht zu werden, und realistisch, ohne zu moralisieren. Das reduzierte Bühnenbild, das dem Umstand geschuldet ist, dass wegen des vorhergesagten schlechten Wetters nicht auf der Waldbühne im Freien, sondern im Alten Hallenbad gespielt werden musste, genügt mit wenigen Holzstegen und Requisiten, um Meer, Burgruine oder Marktplatz entstehen zu lassen. Die Musik – live gesungen, rhythmisch akzentuiert und klanglich fein austariert – ist kein bloßes Beiwerk, sondern Teil des Erzählflusses, fast wie ein Atem, der die Szenen verbindet.

Die rote Zora
“Die rote Zora”. andreas marte

So entsteht eine Theatererfahrung, die auch Erwachsene in jene Welt zurückführt, in der Gerechtigkeit noch eine Frage des Herzens war. „Die rote Zora“ ist ein Plädoyer für Menschlichkeit, Zusammenhalt und Mut und beweist, dass großes Theater auch mit kleinen Mitteln gelingen kann.